Praxislabore in Z-MVZ unzulässig?
Der Bundesgesetzgeber hat mit dem GMG1 seit 2004 in der ambulanten medizinischen Versorgung die Grundlagen für sogenannte ‚Medizinische Versorgungszentren‘ (MVZ) geschaffen. Ziel war es, dem Zusammenschluss von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in ländlichen Gebieten eine wirtschaftlich auskömmliche Form zu geben, um damit zugleich die medizinische Unterversorgung in diesen Gebieten zu beseitigen. Mit dem GKV-VSG2 konnten ab 2015 auch arztgruppengleiche MVZ gegründet werden, also medizinische Versorgungszentren mit Ärzten ausschließlich der gleichen Fachrichtung. Das war die Geburtsstunde der zahnärztlichen MVZ, der sog. Z-MVZ.
Mit dem GKV-SVG setzte eine exponentielle Gründungswelle von Z-MVZ ein, die insbesondere aufgrund des massiven Protests der zahnärztlichen Berufsstandvertretungen mit dem TSVG3 ab Mai 2019 durch Bindung an den Versorgungsgrad des jeweiligen Planungsbereiches gedämpft werden sollte. Die Berufsstandvertretung der Zahnärzte sieht durch die Z-MVZ die Freiberuflichkeit des Zahnarztberufes bedroht. Ob das Gesetz diesbezüglich seine dauerhafte Wirkung entfaltet, muss noch abgewartet werden.
Wesentlich ist aber auch, dass mit Inkrafttreten des GKV-VStG4 seit dem 01.01.2012 MVZ nicht von natürlichen Personen betrieben werden dürfen, sondern nur in den Rechtsformen einer Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform. Ganz im Vordergrund des tatsächlichen Geschehens steht die GmbH.
Die Z-MVZ fordern und beharren darauf, dass es ihnen gestattet sei, ein Praxislabor zu betreiben. Das heißt, sie fordern für die Betreibergesellschaften das gleiche Recht, wie zum Beispiel eine Einzelpersonenzahnarztpraxis mit Eigenlabor, nämlich die Herstellung zahntechnischer Leistungen in privilegierter freiberuflicher Form und ohne Geltung der Handwerksordnung. Das wäre ein gewaltiger Eingriff in den Nachfragemarkt. Obwohl das Zahntechniker-Handwerk das Praxislabor generell kritisch sieht, ging der VDZI mit den Zahnärzteorganisationen einen Schulterschluss ein. Der VDZI fordert die gesetzliche Untersagung des Praxislabors für Z-MVZ.
Es war wohl ein böses Erwachen für den VDZI, als dieser der Sachstandsmitteilung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages (WD) „Zur Frage der Zulässigkeit von Praxislaboren in zahnmedizinischen Versorgungszentren“ vom 06.11.2019 gewahr wurde. Dort wurden die Pro- Argumente umfangreich herausgearbeitet, die Contra-Argumente sucht man indes eher vergebens. In einem daraufhin vom VDZI in Auftrag gegebenen Gutachten kommt die Verfasserin Rechtsanwältin Dr. Constanze Püschel zwar zu pragmatischen Überlegungen, die den Z-MVZ den Betrieb von Praxislaboren untersagen, schlägt dann aber – wie schon zuvor der VDZI – eine Klarstellung auf Gesetzesebene vor.
Dem Arbeitgeberverband Zahntechnik e.V. (AVZ), Berlin, mit seinen Kooperationspartnern, der Innung des Zahntechniker-Handwerks Nordbayern (NBZI), der Landesinnung Rheinland-Pfalz (ZTI-RLP) und DENTAGEN Wirtschaftsverbund eG, war es indes gelungen, die Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Steffen Detterbeck und Prof. Dr. Wolfgang Voit, Erstgenannter ist dem Zahntechniker-Handwerk durch seine profunde Abhandlung aus dem Jahre 2016 „Das zahnärztliche Praxislabor“ bestens bekannt, für die Verfassung eines Rechtsgutachtens „Zahntechnische Eigenlabore in zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren“ zu gewinnen.
Das Rechtsgutachten der beiden Wissenschaftler liegt seit 14.05.2020 vor. Im Ergebnis wird festgestellt, dass – auch ohne gesetzliche Klarstellung – ein Z-MVZ ein privilegiertes zahnärztliches Praxislabor nicht betrieben darf. Wenn auch die Z-MVZ nicht dem zahnärztlichen Berufsrecht unterliegen, so ist eine ZMVZ- Betreibergesellschaft, welche ein „Praxislabor“ betreibt, wettbewerbsrechtlich Anstifter oder Gehilfe zum Verstoß der im Z-MVZ tätigen Zahnärzte gegen das zahnärztliche Berufsrecht. Sowohl der einzelne Betrieb, die Innungen und insbesondere der VDZI kann daher jede Z-MVZ-Betreibergesellschaft mit „Praxislabor“ wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Man darf jetzt sehr gespannt sein, ob das organisierte Zahntechniker-Handwerk diesmal die Chance ergreift oder ob es auch beim Praxislabor des Z-MVZ beim Attentismus bleibt. Der AVZ und seine Kooperationspartner sind jedenfalls entschlossen das Praxislabor des Z-MVZ anzugreifen.
Man wird verfolgen, wie sich in der Folge die Rechtsprechung zum Praxislabor des Z-MVZ entwickeln wird.