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Neue Technologie unterstützt Zahnimplantation

Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Neue Massstäbe bei Zahnimplantaten“ in der Dental Tribune Schweiz erschienen.

Eine innovative Technologie zur dentalen Implantation hat nach über einem Jahrzehnt intensiver Forschung unter der Leitung von Dr. Takahiro Ogawa ein Forscherteam der UCLA School of Dentistry entwickelt. Diese verspricht eine nahezu perfekte Osseointegration, verkürzte Heilungszeiten und signifikant reduzierte Komplikationsraten für die Patienten.

Direkt am Behandlungsstuhl und unmittelbar vor der Implantation nutzt das neue Verfahren ein Gerät, das Titanimplantate innerhalb einer Minute mit ultraviolettem (UV) Licht bestrahlt. Die Technologie markiert nicht nur einen Paradigmenwechsel in der Zahnimplantologie, sondern verspricht auch Nutzungen, die über die Zahnmedizin hinausgehen.

«Wir sind in eine neue Ära der Implantologie eingetreten», erklärte Dr. Ogawa. «Diese UV-Technologie steigert nicht nur die Funktionalität und Erfolgsrate von Implantaten, sondern verbessert auch die Lebensqualität unserer Patienten erheblich. Die Möglichkeiten sind grenzenlos, und ich bin äusserst gespannt auf die potenziellen Auswirkungen auf die orale und allgemeine Gesundheit.»

Die UV-Bestrahlung schützt vor Komplikationen

Ein zentrales Hemmnis für den Fortschritt in der Implantatforschung, das seit über drei Jahrzehnten unverändert bestand, konnten Dr. Ogawa und seine Kollegen vom Weintraub Center for Reconstructive Biotechnology identifizieren. Es handelt sich um eine natürliche Kohlenwasserstoffschicht, die sich auf den Implantatoberflächen ablagert und den Integrationsprozess behindert – das sogenannte Titan-Pellicle. Diese Schicht ist mit vielen postoperativer Komplikationen verbunden, insbesondere mit der Periimplantitis – die bei 35 bis 40 Prozent der Patienten auftreten.

Zur Entfernung dieser Kohlenwasserstoffschicht durch UV-Bestrahlung entwickelte das Team ein neues Verfahren. Anfänglichen Tests benötigten 48 Stunden, aber die Behandlungsdauer konnte schrittweise auf zwölf Minuten reduziert werden. Ende 2022 gelang dann der entscheidende Durchbruch mit der einminütigen UV-Behandlung. Diese erlaubt nun eine direkte Anwendung am Patienten unmittelbar vor der Implantation.

Die UV-behandelten Implantate zeigen eine nahezu vollständige Osseo­integration, verdoppeln ihre Verankerungsfähigkeit und sind bis zu 60 Prozent geringere Anfälligkeit für bakterielle Besiedlung im Vergleich zu unbehandelten Implantaten. Beschleunigte Heilungsprozesse, ein vermindertes Komplikationsrisiko und eine erhöhte Eignung für ein breiteres Patientenspektrum werden durch das neue Verfahren erreicht. Das gilt auch für ältere Patienten, Raucher und Personen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Osteoporose.

Ist Periimplantitis zu vermeiden?

In folgenden Artikeln wird unterstrichen, wie die einminütige UV-Behandlung die Aktivität von Gingivazellen stimuliert, um die Implantate besser zu versiegeln und das Eindringen von Bakterien sowie das Risiko einer Peri­implantitis deutlich zu verringern.

«Unser Ziel ist es, Periimplantitis endgültig zu eliminieren», erklärt Dr. Ogawa.

Die Technologie ermöglicht erweiterte Flexibilität bei der okklusalen Versorgung, wodurch kleinere Implantatkronen oder zusätzliche Brückenimplantate überflüssig werden.

Auch im Bereich der Orthopädie sieht Dr. Ogawa grosses Potenzial für die Anwendung von UV-behandelten Implantaten: «Orthopädische Implantate wie Hüftprothesen und Wirbelsäulenstabilisierungen zeigen hohe Raten an Revisionsoperationen und Komplikationen. Ich bin überzeugt, dass UV-behandelte Implantate dazu beitragen können, diese Problematik erheblich zu verringern», so Dr. Ogawa.

Quellen: Medical Xpress/University of California

Durchbruch in der antimikrobiellen Parodontitisbehandlung

Forscher des Forsyth Instituts in Cambridge (Massachusetts) untersuchten in einer kürzlich im Journal of Oral Microbiology veröffentlichten Studie die Wirksamkeit des neuen antimikrobiellen Mittels FP-100 zur gezielten Beseitigung von Fusobacterium nucleatum. Hierbei handelt es sich um einen Pathobionten, der eine zentrale Rolle bei oralen Erkrankungen wie Parodontitis spielt.

Diese Fusobacterium spp. gelten als sogenannte opportunistische Pathogene, die nicht nur an einer Vielzahl von oralen sowie systemischen Krankheiten beteiligt sind, sondern häufig in der Mundhöhle oder im Gastrointestinaltrakt vorkommen. Besonders bei oralen Erkrankungen wie Parodontitis, Pulpainfektionen und Mundhöhlenkrebs ist das Fusobacterium nucleatum weit verbreitet. Dieses Bakterium unterstützt durch Adhäsionsproteine die Anheftung und Verbreitung anderer parodontaler Pathogene. Dadurch wird der Alveolarknochenabbau (Alveolarknochen bezeichnen die Teile des Ober- und Unterkiefers, in denen die Zahnwurzeln verankert sind) gefördert und damit die Behandlung erschwert.

Die Parodontitisbehandlung auf herkömmlichen Wegen wird durch diese Bakterien beeinträchtigt, weshalb neue und insbesondere antimikrobielle Ansätze erforderlich sind. In der Studie wurde FP-100 eingesetzt, weil es das bakterielle Wachstum hemmt, aber der Vielfalt der oralen Mikrobiota nicht abträglich ist. In vitro wurden Bakteriengemeinschaften aus mehreren Arten kultiviert, danach zwei Tage lang mit je zwei Konzentrationen von FP-100 behandelt und alle 24 Stunden mithilfe der 16S-rRNA-Sequenzierung untersucht. Für die In-vivo-Testung setzten die Forscher ein Mausmodell ein. Dabei wurde durch Ligatur Parodontitis induziert.

Studienergebnisse

Im Rahmen der In-vitro-Modelle reduzierte FP-100 die Anzahl von Fusobacterium spp. signifikant (p < 0,05). Dabei blieb die mikrobielle Diversität unverändert. Kein nachweisbares kultivierbares F. nucleatum in mit FP-100 behandelten Ligaturen zeigte das Mausmodell, nur in den Kontrollmäusen blieb das Bakterium erhalten. Außerdem konnte eine deutliche Verringerung des Alveolarknochenverlusts sowie die Reduktion der entzündungsfördernden Zytokine TNF-alpha und IL-1β beobachtet werden.

FP-100 eliminierte gezielt sowohl in vitro als auch in vivo F. nucleatum. Nicht nur für die Behandlung von Parodontitis und anderen oralen Erkrankungen ist das relevant. Das Risiko anderer systemischer Krankheiten wie Darmkrebs könnte ebenfalls durch eine Therapie mit FP-100 verringert werden.

Für FP-100 wurde bereits von ADA Forsyth und Flightpath Bio gemeinsam ein Patentantrag angemeldet. Das Potenzial des Antibiotikums soll in klinischen Studien weiter erforscht werden, um Rückschlüsse zur Behandlung von Parodontitis bei Menschen zu ziehen, und die Anwendung möglichst auf andere durch Fusobacterium nucleatum verursachte Krankheiten ausweiten zu können.

Fusobacterium ist ein heimtückischer Erreger“, erklärte Dr. Alpdogan Kantarci. „Studien zeigen, dass es von der Mundhöhle zu anderen Orten wandern kann, wo es sich ansiedelt und Krankheiten verursacht. Wir haben vor Kurzem eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Fusobakterien wie ein trojanisches Pferd in menschliche Zellen eindringen und unbemerkt in andere Teile des Körpers wandern können, wo sie sich ansiedeln und Krankheiten verursachen. Die frühzeitige Eliminierung der Bakterien in der Mundhöhle ist auch eine systemische Prävention.“ Weiterhin stellt Dr. Kantarci fest: „Die Möglichkeit, schädliche Bakterien selektiv zu bekämpfen und gleichzeitig das nützliche Mikrobiom zu erhalten, öffnet die Tür zu innovativen Behandlungen, die die Ergebnisse für die Patienten deutlich verbessern könnten.“

Studie: Yakar, N., Unlu, O., Cen, L., Hasturk, H., Chen, T., Shi, W., … Kantarci, A. (2024). Targeted elimination of Fusobacterium nucleatum alleviates periodontitis. Journal of Oral Microbiology, 16(1). https://doi.org/10.1080/20002297.2024.2388900

Quelle: Forsyth Institut / News-Medical.Net 

Reduzierte Smartphone-Nutzung fördert Arbeitszufriedenheit

Täglich schauen wir im Durchschnitt etwa 195 Minuten auf den Bildschirm unseres Smartphones. Diese Zeit um eine Stunde am Tag zu reduzieren, soll nicht nur gut für die mentale Gesundheit sein, sondern auch dazu beitragen, dass wir zufriedener und motivierter arbeiten.

Bestätigt wurde diese Annahme durch eine Studie mit 278 Teilnehmern, die von einer Forschungsgruppe um die Privatdozentin Dr. Julia Brailovskaia vom Deutschen Zentrum für psychische Gesundheit und dem Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt wurde. Hierüber berichteten die Forscher kürzlich in der Zeitschrift Acta Psychologica.

Bedeutende Faktoren für die Produktivität

Für Arbeitgeber, die viel Geld für die Verbesserung von Arbeitszufriedenheit und Motivation ihrer Mitarbeiter investieren, sind die Erkenntnisse der Studie wertvoll. „Diese Faktoren sind bedeutend für die Produktivität eines Unternehmens“, erklärt Julia Brailovskaia. Die aktuellen Studienergebnisse zeigen einen einfachen und niedrigschwelligen Weg, um eine höhere Produktivität und darüber hinaus zu eine bessere mentale Gesundheit und Work-Life-Balance der Mitarbeitenden zu erreichen.

Berufstätige Versuchspersonen aus verschiedenen Branchen wurde in vier Gruppen eingeteilt. Eine Woche reduzierte die Smartphone-Gruppe die private Nutzung des Smartphones um täglich eine Stunde. Die Sport-Gruppe steigerte im gleichen Zeitraum ihre tägliche körperliche Aktivität um 30 Minuten. Die Kombinationsgruppe folgte beiden Anweisungen, und die Kontrollgruppe änderte gar nichts an ihrem gewohnten Verhalten.

Vor, direkt nach und zwei Wochen nach Ende des Experiments füllten alle Teilnehmer Online-Fragebögen aus, in denen sie Auskunft über ihr Befinden hinsichtlich der Arbeit und ihrer mentalen Gesundheit erteilten.

Abnahme depressiver Symptome

Deutlich verbessert hatten sich, so die Forscher, die Arbeitszufriedenheit und die Motivation, die Work-Life-Balance und die mentale Gesundheit in der Smartphone- und der Kombinations-Gruppe. Auch das Gefühl von Arbeitsüberlastung sowie Symptome problematischer Smartphone-Nutzung seien erheblich zurückgegangen. Depressive Symptome nahmen ab und steigerten das Gefühl von Kontrolle messbar.

„Eine bewusste und kontrollierte Reduktion der nicht-arbeitsbezogenen Smartphone-Nutzungszeit könnte in Kombination mit mehr körperlicher Aktivität die Arbeitszufriedenheit und die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden verbessern“, erklärte Julia Brailovskaia. Die Forscherin sieht diese Veränderungen entweder als Ergänzung zu bestehenden Schulungsprogrammen oder auch als eigenständiges zeit- und kosteneffizientes niedrigschwelliges Angebot.

Originalpublikation: Julia Brailovskaia, Jakob Siegel, Lena-Marie Precht, Sophie Friedrichs, Holger Schillack, Jürgen Margraf: Less Smartphone and More Physical Activity for a Better Work Satisfaction, Motivation, Work-Life Balance, and Mental Health: An Experimental Intervention Study, in: Acta Psychologica, 2024, DOI: 10.1016/j.actpsy.2024.104494

Bis 2036 gehen fast 20 Mio. Babyboomer in Rente

Die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge erreichen bis zum Jahr 2036 das gesetzliche Renteneintrittsalter. Im selben Zeitraum kommen zu wenige junge Erwerbstätige auf den Arbeitsmarkt, besagt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Verteilungskonflikte drohen.

Von den geburtenstarken Jahrgängen zwischen 1954 und 1969 hat der deutsche Arbeitsmarkt lange Jahre profitiert. Bereits im Jahr 2022 erreichten mehr als drei Millionen Babyboomer das gesetzliche Renteneintrittsalter. Die IW-Bevölkerungsprognose zeigt, dass bis 2036 weitere 16,5 Millionen Babyboomer diese Altersschwelle überschreiten.

Verteilungskonflikte verschärfen sich

Sowohl für den Arbeitsmarkt als auch für die Sozialversicherung ergeben sich empfindliche Folgen. Nur etwa 12,5 Millionen erwerbsfähige Personen werden im gleichen Zeitraum den Arbeitsmarkt auffüllen. Auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kamen 2022 nur 30 Menschen über 67 Jahren, im Jahr 2040 werden es etwa etwa 41 sein. Verschärfte Konflikte, etwa bei der Verteilung sozialer Leistungen drohen und auch das potenzielle Wirtschaftswachstum könnte nachaltig einbrechen.

Handeln ist dringend erforderlich

Folgende Lösungsansätze sind im Verbund denkbar:
Die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland wird intensiviert und gestärkt – z. B. durch schnellere Visavergabe und die einfachere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.
Es werden Anreize geschaffen, damit mehr Erwerbstätige über das Renteneintrittsalter hinaus im Job verbleiben.
Auch die individuelle Arbeitszeit von Erwerbstätigen könnte erhöht werden, um das bestehende Potenzial besser auszuschöpfen.

„Die anstehende Welle der in Rente gehenden Babyboomer wird zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt führen“, erklärt IW-Ökonom Holger Schäfer. Die Folgen seien womöglich nur schwer beherrschbar. „Die Politik muss nun Prioritäten setzen und geltende sowie neue Gesetze hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf das Arbeitskräfteangebot prüfen.“

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Zahnbürsten beherbergen Viren-Vielfalt

Hotspots für Artenvielfalt lassen sich nicht nur in tropischen Regenwäldern, sondern auch auf der eigenen Zahnbürste finden. Forscher staunen nicht schlecht über die Anzahl bestimmter Mikroben, die sie darauf finden können.

Im Badezimmer generell und auf Zahnbürsten im Besonderen tummeln sich nicht nur unzählige Bakterien, sondern auch eine immense Vielfalt an Viren, wie ein Forschungsteam im Fachjournal «Frontiers in Microbiomes» berichtet. In den USA enthielten in einer Untersuchung Proben von Duschköpfen und Zahnbürsten mehr als 600 verschiedene Viren.

Studienleiterin Erica Hartmann von der Northwestern University in Evanston erklärte: «Die Anzahl der Viren, die wir gefunden haben, ist absolut verrückt. Wir haben viele Viren gefunden, über die wir nur sehr wenig wissen, und viele andere, die wir noch nie gesehen haben.» Überschneidungen zwischen zwei Proben seien jedoch sehr selten. «Jeder Duschkopf und jede Zahnbürste ist wie eine eigene kleine Insel.»

Für Menschen sind diese Viren ungefährlich

Um der Nachricht den Schrecken zu nehmen: Die Viren sind für Menschen nicht gefährlich, sie greifen Bakterien an und vermehren sich darin. Seit einiger Zeit werden diese sogenannten Bakteriophagen verstärkt für die Behandlung antibiotikaresistenter bakterieller Infektionen erforscht.

Die Wissenschaftler erwarten, dass diese neu entdeckten Virusarten dafür eine Fundgrube sein könnten, da in den Proben viele Phagen gefunden wurden, die speziell Mykobakterien infizieren. Mykobakterien sind Verursacher von Krankheiten wie Lepra, Tuberkulose und Lungeninfektionen. «Es ist erstaunlich, wie viel ungenutzte Artenvielfalt es um uns herum gibt», erklärte Erica Hartmann. «Und man muss nicht einmal weit gehen, um sie zu finden, sie befindet sich direkt vor unserer Nase.»

Tummelplatz für Bakterien

Im Rahmen der Studie wurden Menschen gebeten, gebrauchte Zahnbürsten und Abstriche aus ihren Duschköpfen einzusenden. 34 Proben von Bürsten und 92 von Duschköpfen wurden analysiert. «Dieses Projekt begann aus Neugierde», so Erica Hartmann. «Wir wollten wissen, welche Mikroben in unseren Häusern leben.» Während Oberflächen wie Tische und Wände für Mikroben schwierig zu besiedeln sind, bevorzugten sie Umgebungen mit Wasser. «Und wo gibt es Wasser? In unseren Duschköpfen und auf unseren Zahnbürsten.»

Antimikrobielle Putzmittel unnötig

Die Vielfalt der Mikroben im Bad ist also kein Grund, um antimikrobiell wirkenden Putzmitteln zu benutzen, erklärten die Wissenschaftler. Ein regelmäßiges Wechseln der Zahnbürste genügt. Spezielle antimikrobielle Zahnbürsten sind hierzu nicht nötig, zumal sie zu antibiotikaresistenten Keimen führen können. Eine Reinigung des Duschkopfes mit Seife und eventuell Entkalker reicht ebenfalls aus.

«Mikroben sind überall, und die große Mehrheit von ihnen macht uns nicht krank», erklärte Studienleiterin Erica Hartmann. «Je mehr man sie mit Desinfektionsmitteln bekämpft, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie Resistenzen entwickeln oder schwieriger zu behandeln sind.»

Quelle: dpa

Neuartiges Nasenspray bindet und tötet Viren

Ein Nasenspray, das sich als Gel auf die Schleimhaut im Inneren der Nase legt und somit hocheffektiv Viren bindet und abtötet, haben Forscher des Brigham and Women’s Hospital entwickelt. Ankommende Viren hält das Gel so lange fest, bis sie abgestorben sind. Damit hat auch das Corona-Virus keine Chance, sich über die Nase im Körper zu verbreiten. Bisher wurde das Spray allerdings nur an Mäusen erprobt.

Risiko durch Atemwegserreger

Die Wirksamkeit des Präparates beim Menschen ist für Entwickler Jeffrey Karp. Allerdings sind noch klinische Tests erforderlich, um diese Wirksamkeit zu bestätigen. „Die Covid-Pandemie hat gezeigt, was Atemwegserreger in kürzester Zeit anrichten können. Diese Bedrohung ist noch nicht verschwunden“, betont der Wissenschaftler.

Gegen Viren können Impfstoffe hilfreich sein, sind aber nicht perfekt. Auch Geimpfte können sich immer noch infizieren und die Krankheit auf andere Menschen übertragen. Das Tragen von Masken ist zwar nützlich, aber auch nicht zu 100 Prozent sicher, wie uns die Corona-Pandemie gezeigt hat. „Wir brauchen neue, zusätzliche Möglichkeiten, um uns zu schützen und die Übertragung der Krankheit zu reduzieren“, erklärt Jeffrey Karp.

Die Nase als Viren-Hotspot

Über die Nase gelangen die meisten Viren in den menschlichen Körper. Durch die Luft übertragene Infektionen wie z.B. Grippe oder COVID-19 sorgen dafür, dass winzige Flüssigkeitströpfchen, die den Erreger enthalten, ausgeatmet werden. Diese erregerhaltigen Tröpfchen atmen gesunde Menschen in der Umgebung ein. Diese setzen sich in der Nase fest und infizieren die Zellen, die die Nasengänge auskleiden:

Hier vermehrt sich der Erreger und wird wieder in die Luft abgegeben, sobald die Person niest, hustet, lacht, singt oder auch nur atmet. Das soll das neue Spray verhindern helfen. „Wir haben eine medikamentenfreie Formulierung entwickelt, die Keime auf drei Arten blockiert: Sie bildet eine gelartige Matrix, fängt die Tröpfchen ein, sodass die Keime immobilisiert werden, und neutralisiert sie schließlich, wodurch Infektionen verhindert werden“, erläutert Nitin Joshi.

Der dem Entwickler-Team angehörende Assistenzprofessor für Anästhesiologie betont, dass die Bestandteile des Sprays bereits in anderen Zusammenhängen von der Food and Drug Administration für den Einsatz bei Menschen zugelassen wurden. Eine schnelle Genehmigung des Sprays sollte damit nichts im Wege stehen.

Quelle: pressetext

Zähneputzen mit essbarer Elektronik?!

Einen großen Schritt auf dem Weg zu essbarer Elektronik, die im menschlichen Körper Überwachungsaufgaben erledigen kann, sind inzwischen Forscher des Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) weitergekommen. Nach der Entwicklung einer essbaren Batterie kommen nun Transistoren, die aus einem Material (Kupferphthalocyanin) bestehen, das in vielen Zahnpasten verwendet wird.

Verwendung als Bleichmittel

Bei dieser Nutzung wirkt das blaue Pigment als Bleichmittel. Um den Weißegrad der Zähne zu erhöhen, legt sich diese Substanz als optischer Filter auf den Zähnen ab. Die auch Pigment blau 15 genannte Substanz wird im Tagesverlauf durch den Speichel entfernt und wird letztlich durch den Verdauungstrakt ausgeschieden, ohne Schaden anzurichten.

IIT-Doktorandin Elena Feltri erklärt: „Mit der Menge an Kupferphthalocyanin, die wir täglich zu uns nehmen, könnten wir theoretisch etwa 10.000 essbare Transistoren herstellen.“ Mit ihrem Doktorvater Mario Caironi hat sie in eine bereits getestete Rezeptur für essbare Schaltkreise kleine Mengen des Materials als Halbleiter integriert . Diese sind auf einem aus natürlicher Zellulose gewonnen Ethylcellulosesubstrat aufgebaut, also ein dem Papier verwandtes Material. Das Team druckt mit Tintenstrahltechnologie und einer Lösung aus Goldpartikeln, die üblicherweise in der kulinarischen Dekoration verwendet werden, die notwendigen elektrischen Kontakte.

Baustein wird von Krustentieren geliefert

Dem so erzeugten Transistor, ermöglicht es ein „Gate“ aus einem elektrolytischen Gel auf Chitosanbasis – ein lebensmitteltaugliches Geliermittel, das aus Krustentieren wie Blaukrabben gewonnen wird – bei einer Spannung unter einem Volt zu arbeiten. Der Erforschung der elektronischen Eigenschaften von Lebensmitteln und ihren Derivaten ist die Arbeit des Labors von Caironi gewidmet, um letztlich essbare elektronische Geräte für künftige Anwendungen im Gesundheitswesen und in der Qualitätskontrolle der Lebensmittelindustrie zu entwickeln.

Die weitere Forschung der Gruppe wird sich mit der Identifikation weiterer essbarer Substanzen mit geeigneten chemischen und physikalischen Eigenschaften befassen. Ziel ist es, ein intelligentes, essbares elektronisches Gerät für Anwendungen im Gesundheitswesen zu entwickeln. Nach einiger Zeit lösen sich solche Geräte im Körper auf und werden ausgeschieden. Eine mögliche Anwendung soll z. B. die Überwachung von Körperparametern im Magen-Darm-Trakt sein.

Quelle: pressetext

Gesunde Zähne dank gesunder Ernährung

Der Dresdner Professor Johan Wölber widmet sich einer neuen Disziplin – der Ernährungszahnmedizin. Dabei stellte sich ihm folgende Frage: „Haben Sie schon mal einen Affen mit einer Zahnbürste gesehen?“ Karies kennt ein Affe nämlich kaum.

Ernährung hat nach Angaben des Dresdner Zahnmediziners auch einen wesentlichen Einfluss auf die Zahngesundheit. Da stehe man schnell vor der Forderung „Gemüse statt Schokolade und Grüner Tee statt Cola“, denn übermäßiger Zuckerkonsum schädige zuallererst die Zähne. Allein in Deutschland litten 98 Prozent der Menschen unter Karies und 50 Prozent der Erwachsenen unter Parodontitis. „Und das, obwohl 95 Prozent der Menschen regelmäßig Zähneputzen“, erklärte Wölber. Der Professor für Parodontologie am Universitätsklinikum Dresden rät daher zu einer „Zuckerentwöhnung“. Als Superfood für die Zahngesundheit empfiehlt er z.B. Blaubeeren, Gemüse, Obst und Grünen Tee.

Karies-Hauptursache ist Zucker

Bereits seit gut 100 Jahren sei bekannt, dass Zucker Karies verursache. Obwohl Zähne die härteste Struktur des Körpers sind, haben sie eine Achillesferse – Säure. Damit könnten Mineralien aus Zähnen herausgelöst werden. So nutzen Bakterien Zucker zur Herstellung der Säuren. Nicht zuletzt deshalb empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, dass ein Mensch pro Tag nicht mehr als 25 Gramm Zucker zu sich nehmen soll. Im Schnitt seien es in Deutschland aber rund 100 Gramm. Auch bei Zahnfleischentzündungen gebe es einen Zusammenhang mit dem Zuckerkonsum. Gegenüber den Menschen hätten Wildtiere wegen der artgerechten Ernährung viel seltener Probleme mit der Zahngesundheit.

„Letztendlich geht es um eine Ernährung wie sie ursprünglich, evolutionär für uns vorgesehen war: keine industriell verarbeiteten Lebensmittel, sondern saisonales Obst und Gemüse – kein Zucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben, sondern nur solcher, der in Obst und Früchten natürlicherweise vorkommt – Vollkornprodukte, kaum Fleisch, eine pflanzenbasierte Vollwertkost“, erklärte der Parodontologe Johan Wölber. Dabei sei es nicht das Ziel, bei vollwertiger Ernährung die Zahnbürste aus dem Badezimmer verschwinden zu lassen, sondern durch eine angepasste Ernährung die Gesundheit zu fördern und Krankheiten zu vermeiden.

Die Vorteile einer Zuckerreduktion werden durch Studien belegt

Auf zahlreiche Studien kann Wölber verweisen, in deren Rahmen Probanden, die vier Wochen auf Zucker verzichteten, ein geringeres Risiko für Karies und Zahnfleischentzündungen zeigten. Dabei plädiert der Experte für Maßhalten bei Genussmitteln. Wer von Montag bis Samstag gesund lebe, könne sich am Sonntag auch mal ein Stück Kuchen leisten. Jeder Mensch habe es schließlich selbst in der Hand, die Gesundheit – nicht nur die der Zähne und des Zahnfleisches – durch richtige Ernährung positiv zu beeinflussen. Professor Wölber ist Gründungspräsident der unlängst ins Leben gerufenen deutschen, österreichischen und schweizerischen Fachgesellschaft für Ernährungszahnmedizin.

Quelle: dpa

Ökosystem im Mund: Zahnbelag beheimatet Bakteriennetzwerk

Eines der vielfältigsten Ökosysteme der Welt – ein komplexes Netzwerk aus über 500 verschiedenen Bakterienarten, die in strukturierten Gemeinschaften, den Biofilmen, leben, befindet sich im menschlichen Mund. Das Marine Biological Laboratory (MBL) und der ADA Forsyth hat unter der Leitung von Scott Chimileski einen ungewöhnlichen Zellteilungsprozess bei einem Bakterium – Corynebacterium matruchotii – aufgedeckt, das zu den häufigsten in Zahnbelag zählt.

Seltener Teilungsmechanismus

Bei diesem als multiple Spaltung bekannten Teilungsprozess kann sich Corynebacterium matruchotii in bis zu 14 neue Zellen teilen. Diese Bakterien-Fortpflanzungsstrategie ist äußerst selten, aber schnell und effizient. Durch besondere Wachstumseigenschaften kann das fadenförmige C. matruchotii eine räumliche Struktur schaffen. So kann es als Gerüst für andere Bakterienarten dienen. Es entsteht ein mikrobielles Ökosystem, in dem Bakterien eng zusammenleben und interagieren, in der Plaque.

Eine Studie fand heraus, dass C. matruchotii eine Schlüsselrolle als Kernzentrum der Bakterienstruktur im Zahnbelag gesunder Menschen spielt.

Zusammenspiel der Mikroben im Mund

Aktuell konnten Wissenschaftler ein Miniatur-Ökosystem der mikrobiellen Strukturen des Biofilms darstellen und fanden heraus, dass Kolonien von C. matruchotii täglich bis zu einem halben Millimeter wachsen können.

Dieses einzigartige Wachstum wird durch die dichte, konkurrenzbetonte Umgebung des Zahnbelags Wachstumsstrategie vorangetrieben. Dass C. matruchotii, sich durch Spitzenverlängerung zu strecken vermag, könnte eine Methode sein, um die Umgebung zu erkunden, Nährstoffe zu suchen sowie vorteilhafte Interaktionen mit anderen Bakterien zu erreichen. Die Forscher hoffen auf neue Einblicke in die räumliche Organisation von Zahnbelag-Biofilmen und deren Einfluss auf die Mundgesundheit.

Diese Erkenntnisse können helfen, das Zusammenspiel der Mikroben im Mund besser zu verstehen und die Bedeutung dieser einzigartigen Vermehrung für die Gesundheit des Menschen weiter zu enträtseln.

zur Studie

Quelle: ScienceDaily

Schützen Zitrusfrüchte vor Parodontitis?

Auslöser für eine chronische Parodontitis sind parodontalpathogene Bakterien, insbesondere Porphyromonas gingivalis (P. gingivalis). In Mundhygieneprodukten werden antimikrobielle Wirkstoffe eingesetzt, um diese Bedrohung zu hemmen. Diese Wirkstoffe sind meistens chemisch synthetisiert und alkoholhaltig, wodurch es zu starken Reizungen im Mund- und Rachenraum kommen kann. Um mit guter Mundgesundheitspflege die Lebensqualität vor allem der Hauptbetroffenen von Parodentalerkrankungen – ältere Menschen – zu sichern, sind reizarme orale Produkte zur täglichen Mundhygiene jedoch von großer Bedeutung. Aber auch auch für kleine Kinder sollten weniger reizende Produkte Verwendung finden, um die Parodontalbakterien möglichst schonend zu entfernen. Die Lösung für dieses Problem könnten Naturprodukte sein: Eine japanisches Forschungsteams untersuchte die hemmende Wirkung von natürlich gewonnenen Substanzen auf Bakterienwachstum und Biofilmbildung in einer Studie. 

Zitrusfrüchte enthalten antimikrobielle Wirkstoffe 

Das Forscherteam unter Leitung von Professor Shigeki Kamitani (Graduate School of Human Life and Ecology der Osaka Metropolitan University) betrachtete Naturstoffe aus Zitrusfrüchten, besonders die Flavonoide Naringin, Hesperidin sowie Rutin und das Flavanonglykosid Prunin. Flavonoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in nahezu allen Pflanzen vorkommen und vielfältige physiologische Wirkungen zeigen, einschließlich antimikrobieller, antioxidativer und entzündungshemmender Eigenschaften. Naringin ist z.B. in Grapefruits enthalten und zeigt entzündungshemmende, antioxidative Wirkungen. Hesperidin kommt in Zitrusfrüchten hochkonzentriert vor und wirkt ebenfalls entzündungshemmend, antioxidativ sowie zusätzlich antitumoral und antibakteriell. Eine schädigende Wirkung auf Bakterien hat auch Rutin hat. Aus den Schalen der Grapefruit wird Pruningewonnen und zeigt in seiner Verbindung als Pruninlaurat (Pru-C12) antimikrobielle Wirkungen gegen Milchsäurebakterien sowie bestimmte gramnegative Bakterien. 

Diese natürlich vorkommenden hypoallergenen Substanzen untersuchte die Studie auf ihre Eignung als potenzielle therapeutische Wirkstoffe gegen Parodontalerkrankungen. Auch die Zytotoxizität gegenüber menschlichen Zellen wurde mithilfe von Laborversuchen bewertet. 

Ein natürlicher Schutz gegen Parodontitis wurde in Versuchen nachgewiesen  

Bei In-vitro-Versuchen * wurden die lokalen und systemischen Wirkungen von Pru-C12 am vorteilhaftesten erachtet. Im In-vivo-Versuchsmodell ** mit Mäusen zeigten alle untersuchten Proben eine wachstumshemmende Wirkung von Pru-C12 auf P. gingivalis und die Biofilmbildung. Der Time-Kill-Assay (Abbildung der In-vitro-Aktivität der antimikrobiellen Stoffe über den Testungszeitraum) wurde bei einer Konzentration von 20 µg/ml (33 µM) gegen P. gingivalis durchgeführt und bestätigte, dass nach zwei Stunden Inkubation mit Pru-C12 keine lebensfähigen P. gingivalis-Bakterien mehr nachgewiesen werden konnten. Die Forschenden schließen daraus, dass Pru-C12 vor allem in Gel-Mundpflegeprodukten, die über einen längeren Zeitraum im Mund verbleiben, hilfreich sein könnte.

Eine gehemmte Alveolarknochenresorption durch Pru-C12 und seine Analoga (Nar-C12, αG-Nar-C12) wurde ebenfalls beobachtet.  

Das Pru-C12 wird von natürlichen Stoffen aus der Nahrung gebildet und ist geschmacksneutral. Als Inhaltsstoff von Mundpflegeprodukten sollte es deshalb nur geringe Reizungen im Mundraum hervorrufen. Wie gering reizend Pru-C12 letztlich ist, muss jedoch noch weiter untersucht werden. 

Professor Kamitanis Studie hat nachgewiesen, dass Pru-C12 und seine aus natürlichen Substanzen gewonnenen Analoga sowohl in vitro als auch in vivo Parodontalerkrankungen hemmen können, ohne hohe Zytotoxizität zu zeigen. Damit ist Pru-C12 ein milder, natürlicher Wirkstoff, der sich für den Einsatz in Mundpflegeprodukten eignet. Bei der Entwicklung neuer Mundhygieneprodukte, die für Menschen aller Altersgruppen, einschließlich älterer Menschen und Kleinkinder, einfach anzuwenden sind, können die Studienergebnisse nützlich sein.  

Zur Studie

Quelle: MDPI

* Ein in vitro („im Glas“) durchgeführter Versuch bedeutet, dass er außerhalb eines lebenden Organismus durchgeführt wird und in der Regel isolierte Gewebestrukturen, Organe oder Zellen umfasst.
** Ein in vivo („im Leben“) durchgeführter Versuch bedeutet, dass er innerhalb eines lebenden Organismus durchgeführt wird, in der Regel handelt es sich um Tierversuche

Stabiles Gesundheitswesen benötigt nachhaltige Finanzierung

Im Interesse ihrer 75 Millionen Versicherten und deren Arbeitgeber kämpfen sämtliche Krankenkassen darum, dass weitere Beitragserhöhungen vermieden werden können. Hierzu müsse, so der GKV-Spitzenverband, auch die Politik endlich die Ausgabenentwicklung für alle Leistungsbereiche in den Blick nehmen. Reihenweise seien in den letzten zehn Jahren neue Gesetze beschlossen worden, die die gesundheitliche Versorgung zwar kaum besser, dafür aber deutlich teurer gemacht hätten. Das könne sich das Gesundheitswesen nicht mehr leisten. Gesetze müssten die Versorgung verbessern und dürften auch die Einnahmenentwicklung und damit letztlich die finanzielle Belastbarkeit der Beitragszahlenden nicht ignorieren.

Wenn der Blick auf die finanziellen Notwendigkeiten fehlt

„Selbst ohne ein einziges neues Gesetz müssen die Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr voraussichtlich um mindestens 0,5 Beitragssatzpunkte steigen. Wenn jetzt noch eine teure Krankenhausreform dazukommt, wird selbst das nicht mehr reichen“, erklärt Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. „Langfristig funktioniert das Gesundheitswesen nur, wenn es medizinisch, pflegerisch und ökonomisch im Gleichgewicht ist. Jährliche Beitragssatzanhebungen zur Finanzierung der medizinischen und pflegerischen Versorgung dürfen kein selbstverständlicher Baustein der Gesundheitspolitik sein.“

Verloren gegangen sei im letzten Jahrzehnt sei der Blick auf die ökonomischen Notwendigkeiten. „Wir brauchen“, so Dr. Pfeiffer, „aus dem Bundesgesundheitsministerium einen Plan, wie die Beitragsspirale beendet werden kann und keine nonchalanten Ankündigungen, dass es einfach so weitergeht.“

Krankenhausreform ohne Beitragserhöhungen

Originäre Aufgaben des Staates – in diesem Fall an erster Stelle der Bundesländer – sind Auf- und Umbau von Krankenhäusern. Diesen Aufgaben kommen die Länder jedoch seit Jahrzehnten nur unzureichend nach. Nun soll für anstehenden Investitionen zum Krankenhausumbau ein 50-Milliarden-Krankenhaus-Transformationsfonds geschaffen werden, den zur Hälfte die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren sollen. Dr. Pfeiffer kommentiert dies: „Es ist absolut inakzeptabel, den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung eine 25-Milliarden-Euro-Rechnung zu schicken, damit sie für den Staat und die Privatversicherten den Löwenanteil des Krankenhausumbaus finanzieren. Staatliche Aufgaben müssen vom Staat, sprich über Steuermittel, finanziert werden!“

Hoffnung auf ein Reformfenster

„Die Politik scheint sich an steigende Zusatzbeitragssätze gewöhnt zu haben, wir haben es nicht“, betont Dr. Pfeiffer. Die sich zum Jahreswechsel abzeichnende Beitragserhöhungswelle könne noch abgewendet werden, wenn die Gesundheitspolitik entschlossen ein kurzfristiges Reformpaket schnüre. „Damit bekämen wir noch keine langfristige Stabilität, aber für die kommenden Jahre würden wir ein Reformfenster öffnen, das die Gesundheitspolitik gemeinsam mit der Selbstverwaltung für grundlegende Strukturreformen zum Abbau von Über- Unter- und Fehlversorgung nützen könnte und müsste. Wir stehen dafür bereit“, so Dr. Pfeiffer und erläutert den Plan für ein kurzfristiges Reformpaket, mit dem sich Beitragserhebungen zum Jahreswechsel noch vermeiden ließen:

Senkung der Mehrwertsteuer für Medikamente

Versicherte und Arbeitgeber haben im vergangenen Jahr über ihre Krankenkassenbeiträge ca. 8,4 Milliarden Euro an Mehrwertsteuern für Arzneimittel in den Bundesetat eingezahlt. Hier würde schon der ermäßigte Steuersatz die gesetzliche Krankenversicherung um mehr als fünf Milliarden Euro entlasten. „Mittlerweile versteht kein Mensch mehr, dass für Schnittblumen und Ölgemälde lediglich der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent gilt, der Staat dagegen für lebensrettende Krebsmedikamente und Blutdrucksenker mit 19 Prozent von den Krankenkassen mehr als doppelt so hohe Steuern verlangt“, so Dr. Doris Pfeiffer.

Faire Finanzierung der medizinischen Versorgung von Bürgergeldbeziehern

Zu den Staatsaufgaben gehört die Gewährleistung des Existenzminimums bedürftiger Bürgerinnen und Bürgern. Das beinhaltet auch die Absicherung der medizinischen Versorgung im Krankheitsfall, womit der Staat die gesetzlichen Krankenkassen beauftragt hat. Für deren Leistungen in diesem Bereich komme der Bund seinen Ausgleichsverpflichtungen gegenüber den Krankenkassen jedoch nicht annähernd nach: Aktuell zahle der Bund der gesetzlichen Krankenversicherung jährlich rund zehn Milliarden Euro weniger, als sie für diese Leistungen im Auftrag des Staates aufwende. Dazu erklärt Dr. Pfeiffer; „Mit einer ausreichenden Finanzierung der von den gesetzlichen Krankenkassen zu leistenden gesundheitlichen Versorgung der Bürgergeldbeziehenden müssten wir Anfang des nächsten Jahres nicht über Beitragserhöhungen sprechen. Noch hat die Bundesregierung Zeit zu handeln.“

Schleichende Entwertung des Bundeszuschusses

Zahlreiche sogenannte versicherungsfremde Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Sie zahlen z.B. das Mutterschaftsgeld, obwohl dies eine familienpolitische Leistung ist und damit vom Staat zu finanzieren wäre. Von Pandemie-bedingten Sonderzahlungen abgesehen, beträgt der reguläre Bundeszuschuss seit 2016 jährlich 14,5 Milliarden Euro. Diese Höhe ist gesetzlich festgeschrieben, während die Ausgaben für die versicherungsfremden Leistungen schon aufgrund der Kostenentwicklung Jahr für Jahr steigen. „Wir brauchen“, so Dr. Pfeiffer, „beim Bundeszuschuss eine Dynamisierung, um ihn an die Höhe der Kosten- und Inflationsentwicklung anzupassen. Wenn bei steigenden Ausgaben der Bundeszuschuss stagniert, haben wir Jahr für Jahr eine schleichende Entwertung.“

Quelle: GKV-Spitzenverband

Was macht die neue ePA möglich?

Ab Mitte 2025 wird die elektronische Patientenakte (ePA für alle) mit ihrem integrierten digitalen Medikationsplan die medizinische Behandlung der Patientinnen und Patienten erleichtern und mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung ermöglichen. Zusätzlich können auch Daten aus der ePA an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) weitergeleitet werden.

Die gematik als Nationale Agentur für Digitale Medizin hat Mitte August 2024 die Voraussetzungen für die Industrie veröffentlicht. Damit kann die Vorbereitung für die Weiterentwicklung der ePA starten.

Wechselwirkungen bei der Medikation vermeiden

Ab Sommer nächsten Jahres wird der digitale Medikationsplan in die ePA integriert. Neben Basisinformationen, wie z. B. Einnahmegrund enthält dieser ergänzende Hinweise zur Einnahme oder Schemata zur Darstellung von komplexen Dosierungen. Die bereits ab Mitte Januar 2025 der ePA hinzuzufügende Medikationsliste wird eine Hauptquelle für den Medikationsplan sein. Auf Grundlage dieser Medikationsdaten in der ePA können Wechselwirkungen bei Medikamenten frühzeitig erkannt und vermieden werden.

Verbesserung der Behandlung durch Zusatzinformationen

Wichtige Zusatzinformationen können Behandelnde künftig auch in der neuen ePA ihrer Patientinnen und Patienten ergänzen. Diese können den Entscheidungsprozess über Abgabe oder Absetzung von Medikamenten unterstützen. Solche personenbezogenen Zusatzinformationen können z. B. Allergien bzw. Unverträglichkeiten von Medikamenten, die Körpergröße oder das Gewicht sein.

Vorteile für die medizinischen Forschung

Auch die technischen Festlegungen für die Datenweiterleitung an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) wurden Mitte August veröffentlicht. Ab Spätsommer 2025 können Patientinnen und Patienten mit ihren Daten die medizinische Forschung unterstützen. Zugutekommen kann dies vor allem der Erforschung von chronischen Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Herzerkrankungen. Damit werden künftig Möglichkeiten für neue Therapien eröffnet. Für weitere Zwecke, z. B. für Medikamentenentwicklung oder den Öffentlichen Gesundheitsdienst, können diese Daten dem Wohle der Gemeinschaft nützen.

Weitere Infos zur ePA für alle: https://www.gematik.de/anwendungen/epa/epa-fuer-alle

Quelle: gematik