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Covid und Luftreinigung โ Interview mit Dr. Ralf Atrops
Wenn er morgens seine Praxis betritt, atmet er gern tief durch. รber sein ausgefeiltes Hygienekonzept zur Luftreinigung, รผber die eigene Covid-Erkrankung, รผber die Erkrankung von Mitarbeitern, รผber die Schlieรung von Praxis und Labor, รผber Aerosole als Virentransporteur, รผber die Konsequenzen aus den leidvollen Erfahrungen im Herbst 2020, รผber den Sinn nachhaltiger Investitionen, รผber einen Zahnmediziner, dessen Wurzeln tief in der Zahntechnik stecken โ รผber all das und manches mehr sprach Journalist Bernd Overwien fรผr DENTAGEN INFO mit Zahnarzt Dr. Ralf Atrops in Kleve.
Das ist keine Hรถflichkeitsfrage. Wie geht es Ihnen?
Wenn ich meinen Geruchs- und meinen Geschmackssinn vollends zurรผckbekomme, bin ich eigentlich wieder ganz der Alte. Hoffe ich.
Sie waren an Covid 19 erkrankt. Wann war das?
Im vergangenen September bin ich zu einer Routineuntersuchung gegangen. Ich muss sagen, ich fรผhlte mich schon die Tage zuvor recht schlapp. Dann kam die รผberraschende Diagnose. Das hat dann alles verรคndert.
Ich denke, nicht nur fรผr Sie persรถnlich. Was passiert in solch einem Moment?
Wir haben sofort das Gesundheitsamt Kleve involviert. Unsere 13 Mitarbeiter in Praxis und Labor wurden noch einmal mit der PCR-Methode getestet, um bestmรถgliche Aussagen รผber das Vorhandensein des SARS-CoV-2 Virus zu erhalten. Meine zahnรคrztliche Kollegin Michelle Hendricks, die 26 Jahre alt ist und in der Endphase ihrer Promotion steckt, und die vรถllig symptomfreie Mitarbeiterin an der Rezeptionโฆ
โฆ wie alt ist Ihre Mitarbeiterin?
28 Jahre. Also, die beiden waren ebenfalls positiv. Alle anderen nicht. Obwohl das Gesundheitsamt Kleve noch ein Zeitfenster sah, haben wir die zahnรคrztliche Praxis und auch das Dentallabor sofort fรผr drei Wochen geschlossen.
Ist das so einfach, wie es sich anhรถrt?
Beileibe nicht. Wir wollten ja auch unbedingt alle Patienten persรถnlich informieren. Wie das dann so ist, hatten wir Probleme von extern auf unsere Patientenยญdateien zuzugreifen. Alle waren ja in Quaranยญtรคne. Letztendlich haben wir es geschafft. Gerade gegenรผber den Patienten, die in den August- und Septemberwochen bei uns waren, hatten wir ja eine besondere Informationspflicht.
Wie haben die Patienten reagiert?
Verstรคndnisvoll, rรผcksichtsvoll. Von allen kamen Genesungswรผnsche. Niemand hat geargwรถhnt, die Praxis sei zu leichtfertig mit den besonderen Hygieneยญbedingungen in der Pandemie umgegangen. Kein Patient hatte Corona. Das war schon eine Erleichterung.
Wissen Sie denn, wo Sie sich angesteckt haben?
Nein. Wir haben keine Ahnung. Bis heute nicht.

Hygiene liegt ja so zusagen in der DNA eines Zahnarztes. Wie sehr macht man sich Gedanken, vielleicht doch etwas รผbersehen zu haben?
Natรผrlich macht man das. Aber wir hatten von Beginn an seit 25 Jahren den Hygiene-Goldstandard. Auch in unserem Dentallabor. Als gelernter Zahntechniker weiร ich ja, mit wie vielen Belastungen man es dort tรคglich zu tun hat. Unsere Gedanken kreisten immer darum, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Nein, wir waren uns sicher, alles getan zu haben.
Und dennoch haben Sie nachgerรผstet. Haben aus Ihrem Unternehmen eine Hygiene-Intensivstation gemacht. War Ihre eigene Covid-Erkrankung die Initialzรผndung?
Ganz sicher auch. Ich hatte ja keinen leichten Verlauf. Fรผr mich stand schnell fest, bei der Ansteckungsgefahr in Innenยญrรคumen wird SARS-CoV-2 vor allem รผber ausgeatmete Aerosole verbreitet. Man kann sich auch anstecken, wenn man sich gar nicht begegnet. Das ist ja das Teuflische bei dieยญser Aerosolinfektion. Mir war klar, hier muss der Hebel angesetzt werden.
Heute sagen Sie, aus tiefster Seele befreit Luft zu holen, wenn Sie morgens Ihre Praxis, Ihr Labor betreten. Was macht Sie da so sicher?
Bei normal laufendem Betrieb ist die CO2-Belastung nach nur wenigen Stunden bereits รผber einer Grenze, ab der sich das Virus รผber Aerosole gut ausbreiten kann. Die Raumluft setzt sich ja nicht nur aus Atemluft, sondern auch aus ausgedรผnstetem Schweiร und anderen biologischen Prozessen zusammen. Der Hygiene-UVC-Tower im Eingangsยญbereich der Praxis signalisiert uns sofort: Achtung, Raumluftvolumen muss gereinigt werden. Lรผften zur richtigen Zeit ist eine wirkungsvolle, erste Maรnahme.
โHerr Doktor, was ist das hier schรถne, frische Luft. Und es riecht รผberhaupt nicht mehr nach Zahnarztpraxis.โ Das hรถren wir tรคglich. Und was das Team anbetrifft, so bin ich ein Komplett-Mensch. Ich will sagen, das neue Luftreinigungssystem erfasst jeden Quadratzentimeter in der Praxis, im Dentallabor, bis hin zu den Umkleiderรคumen der Mitarbeiter, den Toiletten โ alles eben.
Das ist nicht fรผr ein paar Euro zu haben oder?
14 Gerรคte sorgen in 14 Rรคumen auf rund 250 Quadratmetern fรผr eine optimale Luftreinigung. Und das auf einem bisher nicht gekannten hohen technologischen Niveau. Eine Technologie, die derzeit als einzige mit einem zertifizierten Gefรคhrยญdungsgutachten versehen ist. Dazu mit hochwertiger Anlagentechnik vernetzt, ist das eine Investition von รผber 30.000 Euro insgesamt. Das sind uns unsere Patienten und unsere Mitarbeiter wert.
Und wenn die Pandemie einmal vorbei sein sollte. Dann war es fรผr eine temporรคre Phase sehr teuer?
Wissen Sie was nach der Pandemie kommt? Was ist mit der nรคchsten Grippewelle? Nein, das ist eine nachhaltige Investition. Schauen Sie ins Labor. Wenn du frรคst, siehst du sehr schnell, dass du das Fenster รถffnen musst. Mit einem einzelnen Hygiene-Air-Tower ist in zwei, drei Minuten wieder frische Luft in Laboren jeder Grรถรenยญordnung. Oder Zirkon. Das hast du frรผher auf der Zunge gespรผrt. Wir haben heute ein absolut staubfreies Dentallabor. Unsere Mitarbeiter wissen das sehr zu schรคtzen.
Apropos Zahntechnik. Wie sehr sind Sie noch Handwerker?
Vor allem, wie gern ich das bin. Am Wochenende mache ich nicht selten Zahntechnik. Andere haben andere Hobbys (lacht).
Alles dreht sich nur um Zรคhneโฆ ?
… nicht nur. Familie ist wichtig und ich bin auch Fuรballfan.
Das wรคre meine obligatorische Abschlussfrage gewesen. Ein Zahnarzt am Niederrhein, also ganz klar Borussiaโฆ ?
… klar, Borussia, aber Dortmund.
Nein.
Doch. Ich liebe Spektakelfuรball.
Herr Dr. Atrops, herzlichen Dank
fรผr das Gesprรคch.
Quelle: DENTAGEN Info 2021/02