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Covid und Luftreinigung – Interview mit Dr. Ralf Atrops

DENTAGEN INFO 2021/02


Wenn er morgens seine Praxis betritt, atmet er gern tief durch. Über sein ausgefeiltes Hygienekonzept zur Luftreinigung, über die eigene Covid-Erkrankung, über die Erkrankung von Mitarbeitern, über die Schließung von Praxis und Labor, über Aerosole als Virentransporteur, über die Konsequenzen aus den leidvollen Erfahrungen im Herbst 2020, über den Sinn nachhaltiger Investitionen, über einen Zahnmediziner, dessen Wurzeln tief in der Zahntechnik stecken – über all das und manches mehr sprach Journalist Bernd Overwien für DENTAGEN INFO mit Zahnarzt Dr. Ralf Atrops in Kleve.

Das ist keine Höflichkeitsfrage. Wie geht es Ihnen?

Wenn ich meinen Geruchs- und meinen Geschmackssinn vollends zurückbekomme, bin ich eigentlich wieder ganz der Alte. Hoffe ich.

Sie waren an Covid 19 erkrankt. Wann war das?

Im vergangenen September bin ich zu einer Routineuntersuchung gegangen. Ich muss sagen, ich fühlte mich schon die Tage zuvor recht schlapp. Dann kam die überraschende Diagnose. Das hat dann alles verändert.

Ich denke, nicht nur für Sie persönlich. Was passiert in solch einem Moment?

Wir haben sofort das Gesundheitsamt Kleve involviert. Unsere 13 Mitarbeiter in Praxis und Labor wurden noch einmal mit der PCR-Methode getestet, um bestmögliche Aussagen über das Vorhandensein des SARS-CoV-2 Virus zu erhalten. Meine zahnärztliche Kollegin Michelle Hendricks, die 26 Jahre alt ist und in der Endphase ihrer Promotion steckt, und die völlig symptomfreie Mitarbeiterin an der Rezeption…

… wie alt ist Ihre Mitarbeiterin?

28 Jahre. Also, die beiden waren ebenfalls positiv. Alle anderen nicht. Obwohl das Gesundheitsamt Kleve noch ein Zeitfenster sah, haben wir die zahnärztliche Praxis und auch das Dentallabor sofort für drei Wochen geschlossen.

Ist das so einfach, wie es sich anhört?

Beileibe nicht. Wir wollten ja auch unbedingt alle Patienten persönlich informieren. Wie das dann so ist, hatten wir Probleme von extern auf unsere Patienten­dateien zuzugreifen. Alle waren ja in Quaran­täne. Letztendlich haben wir es geschafft. Gerade gegenüber den Patienten, die in den August- und Septemberwochen bei uns waren, hatten wir ja eine besondere Informationspflicht.

Wie haben die Patienten reagiert?

Verständnisvoll, rücksichtsvoll. Von allen kamen Genesungswünsche. Niemand hat geargwöhnt, die Praxis sei zu leichtfertig mit den besonderen Hygiene­bedingungen in der Pandemie umgegangen. Kein Patient hatte Corona. Das war schon eine Erleichterung.

Wissen Sie denn, wo Sie sich angesteckt haben?

Nein. Wir haben keine Ahnung. Bis heute nicht.



Hygiene liegt ja so zusagen in der DNA eines Zahnarztes. Wie sehr macht man sich Gedanken, vielleicht doch etwas übersehen zu haben?

Natürlich macht man das. Aber wir hatten von Beginn an seit 25 Jahren den Hygiene-Goldstandard. Auch in unserem Dentallabor. Als gelernter Zahntechniker weiß ich ja, mit wie vielen Belastungen man es dort täglich zu tun hat. Unsere Gedanken kreisten immer darum, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Nein, wir waren uns sicher, alles getan zu haben.

Und dennoch haben Sie nachgerüstet. Haben aus Ihrem Unternehmen eine Hygiene-Intensivstation gemacht. War Ihre eigene Covid-Erkrankung die Initialzündung?

Ganz sicher auch. Ich hatte ja keinen leichten Verlauf. Für mich stand schnell fest, bei der Ansteckungsgefahr in Innen­räumen wird SARS-CoV-2 vor allem über ausgeatmete Aerosole verbreitet. Man kann sich auch anstecken, wenn man sich gar nicht begegnet. Das ist ja das Teuflische bei die­ser Aerosolinfektion. Mir war klar, hier muss der Hebel angesetzt werden.

Heute sagen Sie, aus tiefster Seele befreit Luft zu holen, wenn Sie morgens Ihre Praxis, Ihr Labor betreten. Was macht Sie da so sicher?

Bei normal laufendem Betrieb ist die CO2-Belastung nach nur wenigen Stunden bereits über einer Grenze, ab der sich das Virus über Aerosole gut ausbreiten kann. Die Raumluft setzt sich ja nicht nur aus Atemluft, sondern auch aus ausgedünstetem Schweiß und anderen biologischen Prozessen zusammen. Der Hygiene-UVC-Tower im Eingangs­bereich der Praxis signalisiert uns sofort: Achtung, Raumluftvolumen muss gereinigt werden. Lüften zur richtigen Zeit ist eine wirkungsvolle, erste Maßnahme.

Luftfilteranlagen und Luftreinigung optimieren den Infektionsschutz. Was sagt Ihr Team, was sagen Ihre Patienten? Denn der Tower neben der Rezeption mit dem grafisch anspruchsvollen Screendesign ist ja nicht zu übersehen.

„Herr Doktor, was ist das hier schöne, frische Luft. Und es riecht überhaupt nicht mehr nach Zahnarztpraxis.“ Das hören wir täglich. Und was das Team anbetrifft, so bin ich ein Komplett-Mensch. Ich will sagen, das neue Luftreinigungssystem erfasst jeden Quadratzentimeter in der Praxis, im Dentallabor, bis hin zu den Umkleideräumen der Mitarbeiter, den Toiletten – alles eben.

Das ist nicht für ein paar Euro zu haben oder?

14 Geräte sorgen in 14 Räumen auf rund 250 Quadratmetern für eine optimale Luftreinigung. Und das auf einem bisher nicht gekannten hohen technologischen Niveau. Eine Technologie, die derzeit als einzige mit einem zertifizierten Gefähr­dungsgutachten versehen ist. Dazu mit hochwertiger Anlagentechnik vernetzt, ist das eine Investition von über 30.000 Euro insgesamt. Das sind uns unsere Patienten und unsere Mitarbeiter wert.

Und wenn die Pandemie einmal vorbei sein sollte. Dann war es für eine temporäre Phase sehr teuer?

Wissen Sie was nach der Pandemie kommt? Was ist mit der nächsten Grippewelle? Nein, das ist eine nachhaltige Investition. Schauen Sie ins Labor. Wenn du fräst, siehst du sehr schnell, dass du das Fenster öffnen musst. Mit einem einzelnen Hygiene-Air-Tower ist in zwei, drei Minuten wieder frische Luft in Laboren jeder Größen­ordnung. Oder Zirkon. Das hast du früher auf der Zunge gespürt. Wir haben heute ein absolut staubfreies Dentallabor. Unsere Mitarbeiter wissen das sehr zu schätzen.

Apropos Zahntechnik. Wie sehr sind Sie noch Handwerker?

Vor allem, wie gern ich das bin. Am Wochenende mache ich nicht selten Zahntechnik. Andere haben andere Hobbys (lacht).

Alles dreht sich nur um Zähne… ?

… nicht nur. Familie ist wichtig und ich bin auch Fußballfan.

Das wäre meine obligatorische Abschlussfrage gewesen. Ein Zahnarzt am Niederrhein, also ganz klar Borussia… ?

… klar, Borussia, aber Dortmund.

Nein.

Doch. Ich liebe Spektakelfußball.

Herr Dr. Atrops, herzlichen Dank
für das Gespräch.

Quelle: DENTAGEN Info 2021/02