Sie, die in den Vierziger Jahren den Einzug der Metallkeramik in den Laboralltag als Lehrling erlebt hat, setzte sich bis zuletzt engagiert und kompetent mit dem digitalen Workflow in Praxis und Labor auseinander. Eine Zeitzeugin der Geschichte eines Handwerks, das ihr in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht nur Existenzgrundlage war. Die Zahntechnik war der bodenständigen Ostwestfälin zur Herzensangelegenheit geworden.
Wie sie auf die Idee kam, ein Jahr vor Kriegsende Dentistin zu werden, wusste sie in einem wunderbaren Gespräch zu ihrem 70-jährigen Handwerksjubiläum gar nicht mehr so recht zu sagen. Viel lieber, so erinnerte sich die gebürtige Gesekerin, wäre sie in die Fußstapfen ihres schon früh verstorbenen Vaters getreten und hätte Häuser entworfen. Doch ein weiblicher Bauingenieur sei zu jener Zeit einfach undenkbar gewesen. Valeria Sternberg ging nach einem Pflichtjahr auf dem Bauernhof 17-jährig zu einem Dentisten in die Lehre. Der Beginn einer beruflichen und familiären Biografie, die Respekt abfordert.
Menschen wie Valeria Sternberg waren unbestritten die wirklichen Motoren des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit. Familie gründen, ein Haus in Eigenleistung bauen, drei Kinder groß ziehen und einem Beruf nachgehen.
25 Jahre in einem Praxislabor. „Wir haben das alles mit Willenskraft, Liebe, Verständnis und Humor geschafft“, hat sie einmal gesagt. In der Tat: wer sich mit 43 Jahren selbstständig macht und mit 50 Jahren seine Meisterprüfung nachholt, dem darf Mut und Tatkraft allemal attestiert werden.
Die Zahntechnikermeisterin Valeria Sternberg führte mit ihrer Familie das Dental-Labor Sternberg in ihrer Heimatstadt Geseke. Aus den ersten Anfängen in 1970 heraus, hat die Familie ein erfolgreiches Unternehmen im Dentalmarkt etabliert.
Das gelingt über vier Jahrzehnte hinweg nicht ohne Kompetenz, Leidenschaft und Fortune in einer von großen technischen Umbrüchen gekennzeichneten Branche. Und es gelingt vor allem nicht ohne eine gelebte Firmenphilosophie. „In einer menschlichen Atmosphäre entwickelt ein Team umfassende Qualitätsgedanken, wird ein Unternehmen zu einem verlässlichen Partner.
Dabei gilt: Es kommt nie ein Zahn zu uns, sondern immer ein Mensch“, sagte Firmengründerin Valeria Sternberg mit der unschätzbaren Erfahrung aus mehr als 70 Berufsjahren.
Als engagierte Vertreterin ihres Berufsstandes hatte Valeria Sternberg in ungezählten Gesprächen mit Politikern, Journalisten, Krankenkassen und Menschen aller Bevölkerungsschichten stets versucht, das Bild der Zahntechniker in der Öffentlichkeit ins rechte Bild zu rücken. Das tat sie zeitlebens.
Und sie wusste, wovon sie sprach. Denn sie war nicht nur noch tagtäglich im Labor, im Gespräch mit ihren Mitarbeitern, ihrer Zahntechniker-Familie und in Kontakt mit den zahnärztlichen Kunden. Nein, auf zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen war sie die Grande Dame mit dem ungebrochenen Interesse an den Zukunftsperspektiven für ein Handwerk, das vor so großen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen steht.
Valeria Sternberg hat über ihren Tod hinaus in der Zahntechnik eine Vorbildfunktion. Kompetent war ihr Auftritt. Immer mit umwerfend viel Humor. Und jeder Menge Menschlichkeit.
Die Dentalfamilie trauert um eine ihrer großen Persönlichkeiten. Das tiefe Mitgefühl gehört ihrer Familie.
Bernd Overwien
Quelle: DENTAGEN INFO 2017/04