Die Medizinprodukteverordnung mit der offiziellen Bezeichnung „MDR 2017/745“ stellt sowohl gewerbliche als auch Praxislabore vor bisher noch nie dagewesene regulatorische Herausforderungen. Inzwischen steht unmissverständlich fest: Die Medizinprodukteverordnung tritt am 26. Mai 2020 in vollem Umfang in Kraft, und zwar für alle Hersteller von Medizinprodukten, dazu gehören nicht nur gewerbliche Dentallabore, sondern auch Praxislabore.
Die Antwort der Bunderegierung auf eine kleine Anfrage der FDP Bundestagsfraktion spricht hierzu unmissverständlich eine klare Sprache: „Ähnlich wie für die Hersteller werden mit der MDR auch die Anforderungen an Sonderanfertiger erhöht. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass Sonderanfertiger ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) gemäß der MDR aufbauen müssen. Besondere Herausforderungen für KMU, die Sonderanfertigungen herstellen, bestehen in diesem Zusammenhang in den Anforderungen der MDR in Bezug auf die klinische Bewertung (inklusive der klinischen Nachbeobachtung), des Risikomanagements sowie der proaktiven Überwachung nach dem Inverkehrbringen. Bei Sonderanfertigungen von implantierbaren Klasse-III-Produkten muss dieses QMS von einer Benannten Stelle zertifiziert werden.“
Die zukünftig gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen beinhalten konkret (Artikel 10 MDR):
1 Einführung eines Qualitätsmanagementsystems mit den folgenden Inhalten:
Verantwortlichkeit der Leitung | Ressourcenmanagement, einschließlich der Auswahl und Kontrolle von Zulieferern und Unterauftragnehmern | Risikomanagement gemäß Anhang I | klinische Bewertung | klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen | Produktrealisierung einschließlich Planung, Auslegung, Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Dienstleistungen usw.
2. Risikomanagement (Anhang I | MDR):
Einen Risikomanagement-Plan für jedes Produkt festlegen und dokumentieren, Risiken identifizieren, analysieren, bewerten, beseitigen und kontrollieren, die Auswirkungen der in der Fertigungsphase und durch das System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gewonnenen Informationen bewerten und gemäß den neuen Anforderungen anpassen.
3. Klinische Bewertung:
Kritische Bewertung der einschlägigen derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Fachliteratur über Sicherheit, Leistung, Auslegungsmerkmale und Zweckbestimmung des Produkts, eine kritische Bewertung der Ergebnisse aller verfügbaren klinischen Prüfungen, eine Berücksichtigung der gegebenenfalls derzeit verfügbaren anderen Behandlungsoptionen für diesen Zweck.
4. Klinische Nachbeobachtung:
Der Hersteller prüft und dokumentiert die Erfahrungen, die in der Herstellung nachgelagerten Phase u. a. bei der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen gemäß Anhang XIV Teil B gewonnen wurden, und trifft angemessene Vorkehrungen, um erforderliche Korrekturen durchzuführen. In diesem Zusammenhang meldet er gemäß Artikel 87 Absatz 1 den zuständigen Behörden jedes schwerwiegende Vorkommnis oder jede Sicherheitskorrekturmaßnahme im Feld oder beides, sobald er davon erfährt.
5. Sicherheitsbericht:
Die Hersteller von Produkten der Klassen IIa, IIb und III erstellen… für jede Produktkategorie oder Produktgruppe einen regelmäßig aktualisierten Bericht über die Sicherheit („Sicherheitsbericht“). Die Hersteller von Produkten der Klasse IIa (Zahnersatz ist ein Produkt der Klasse IIa) aktualisieren den Sicherheitsbericht bei Bedarf, mindestens jedoch alle zwei Jahre.
Das im Referentenentwurf vorliegende deutsche „Medizinprodukte-Anpassungsgesetz-EU – MPAnpG-EU“ hat hinsichtlich der Anforderungen an die Hersteller von Sonderanfertigungen keine Erleichterungen zum Inhalt. Dargelegt werden in diesem Gesetzentwurf die Strafbarkeit und die Höhe der Strafen und Bußgelder für Verstöße.
So ist z. B. das Inverkehrbringen abgelaufener Materialien in Zukunft mit bis zu 30.000 EUR Bußgeld bewertet. Ein Bußgeld droht auch, wenn keine oder eine nicht richtige Konformitätserklärung nach Anhang XIII (MDR) beifügt wird. Eine Konformitätserklärung ist bereits und wird in Zukunft noch deutlicher zu einem Rechtsakt, der nicht zu unterschätzen ist. Das Labor muss darin bestätigen, dass es den Anhang I (MDR) erfüllt. (Siehe hierzu Absatz 2).
DENTAGEN unterstützt Mitglieder
Gemeinsam mit dem Kooperationspartner PROXI. GMBH in Köln entwickelt DENTAGEN derzeit für die Mitgliedsbetriebe ein modulares IT-gestütztes umfassendes Dienstleistungsangebot, dass alle von der MDR 2017/745 geforderten Punkte fachlich korrekt beinhaltet und zentral für seine Mitglieder entwickelt, verwaltet und aktualisiert.
Es ist unser gemeinsames Ziel, die Belastungen für die unserer Genossenschaft angeschlossenen Mitglieder auf ein Mindestmaß zu reduzieren, damit sich das einzelne Mitgliedslabor auf das konzentrieren kann, was es am besten kann: Die Anfertigung von Zahnersatz.
Unser Kooperationspartner PROXI. GMBH ist vielen Mitglieder schon lange als verlässlicher Dienstleister im Bereich Qualitätsmanagement für Dentallabore bekannt und blickt inzwischen auf 20 Jahre Erfahrung in diesem Themenbereich zurück. Insbesondere im Bereich der neuen Aufgaben, die aus dem Risikomanagement und der klinischen Bewertung/Beobachtung auf uns zukommen, hat die PROXI. GMBH eine ausgewiesene Expertise, die sie auf Herstellerseite im Bereich der Zulassung von Medizinprodukten erworben hat.
Gleich zu Jahresbeginn wird DENTAGEN seinen Mitgliedern ein modulares Angebot zur Umsetzung der MDR 2017/745 vorstellen. Im Rahmen der DENTAGEN Roadshow, deren Deutschlandtour ebenfalls direkt im neuen Jahr startet, wird in der Nähe der Mitglieder vor Ort auch dieses Lösungspaket dem Publikum präsentiert.
Quelle: DENTAGEN INFO 2019/04