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Das Interview mit Rolf ZUCKER & Thomas STAHL

DENTAGEN Info 2018/04

Kein anderes Thema hält die Dental-Branche aktuell mehr in Atem als der digitale Fortschritt. Festzustellen ist, dass die Zahntechnik der Zahnmedizin bei der Digitalisierung einen Schritt voraus ist. Warum das so ist, welche neue Lösungen und Synergien sich mit der Digitalisierung bereits heute und in Zukunft für zahnärztliche Labore und Praxen ergeben und wie sich das Unternehmen Kulzer auch zukünftig als starker Partner in diesen bewegten Zeiten positioniert – über diese Themen und weitere Aspekte mehr sprach Journalist Bernd Overwien für DENTAGEN INFO mit den Kulzer-Managern Rolf Zucker und Thomas Stahl in Hanau.

Stecken wir mitten in der vielzitierten digitalen Revolution oder ist der Gipfel noch gar nicht in Sicht?

Zucker: Weder noch. Genau betrachtet, hat die digitale Revolution bereits zur Jahrtausendwende Fahrt aufgenommen. Und zwar vornehmlich in der Zahntechnik. Auf der Route des digitalen Fortschritts im Labor rückt nun auch der Oralscan stärker in den Fokus. Bereits heute sind ca. 90 % der Dental-Labore mit einem Laborscanner ausgestattet – somit partiell digital aufgestellt. Generell ist festzustellen, dass die Digitalisierung im Dental-Labor weiter fortgeschritten ist, als in vielen Zahnarztpraxen.

Warum ist das so?

Zucker: In Anbetracht der rasanten technologischen Entwicklung im Bereich der Zahntechnik und der dadurch veränderten Arbeitsabläufe wollen Labore und deren Mitarbeiter für ihre Kunden auch in Zukunft ein attraktiver Partner sein. Ein weiterer Aspekt war, sich frühzeitig auf die digitale Prothetik in puncto Schulung, Service und Prozessabläufe einzustellen.

Stahl: Kurzer Einwurf! Was glauben Sie, wie sich das in Prozentzahlen ausdrückt? Digitalisierung in Laboren, Digitalisierung in Zahnarztpraxen?

Wenn Sie das schon so sagen, tippe ich mal auf 60 zu 40 für die Labore, oder?

Stahl: Wie bereits erwähnt, ist die Mehrzahl der Labore – ca. 90 % – digital mit Laborscannern aufgestellt. Auf der zahnärztlichen Seite hingegen verzeich­nen wir bei der digitalen Intraoralen Abscannung zwischen 15 und 20 %. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es die Zahn­arztpraxen sind, die derzeit vor einem größeren digitalen und generellen Struktur­wandel stehen. Die vermehrte Gründung von Behandlungsgemeinschaften, das Thema Feminisierung, Teilzeitmodelle und die Spezialisierung sind weitere Aspekte der sich wandelnden Praxislandschaft. Perspektivisch gehen wir von Kulzer davon aus, dass Zahnärzte und Zahntechniker in diesen vom Umbruch geprägten Zeiten mehr denn je eine Symbiose eingehen werden.

Grundsatzfrage: Als Prof. Bernd Kordaß Ende der 90er Jahre die Vision eines virtuellen Artikulators als Animation sichtbar machte, gab es bei Zahnärzten und Zahntechnikern fast nur Kopfschütteln. Akademische Hirngespinste. Ist die Skepsis vor neuen Entwicklungen im Dentalbereich besonders groß?

Stahl: Sicher. Wenn sich Innovationen ankündigen gibt es immer hektische Irritationen. Tritt eine Neuentwicklung erst einmal eine Welle los, wird einem vermittelt, dass man jetzt sofort auf den Innovations-Zug aufspringen muss, bevor dieser abgefahren ist. Vergangene Errungenschaften gelten dann oftmals als überholt. Können Sie sich erinnern? Es gab eine Zeit, da drehte sich vieles um Cerec. Heute sprechen wir visionär bereits über die digitalen Total­prothesen. Und nach 10 Jahren stellt man fest, dass vermutlich weniger digitalisiert wurde als prognostiziert. Nicht immer ist das Tempo von Innovationen so atemberaubend, und wirtschaftlich interessant, wie es der entstandene Eindruck vermittelt.

Zucker: Wenn es um die Investition in Innovationen geht, sind Wirtschaft­lichkeit, verlässliche Prozessketten und die Produktivität kaufentscheidende Aspekte. Ferner fragen sich Anwender: Wer sind die Innovationsanbieter? Sind diese relevanten Industriepartner verlässlich und dauerhaft im Markt? Wie ist der Service und wie gestalten sich die Geschäftsmodelle? Hier können wir ganz klar sagen, dass z. B. das DENTAGEN-Geschäftsmodell der Genossenschaft ein sehr zukunftsorientiertes Geschäftsmodell ist, das auch in anderen Branchen Bestand hat. Unsere langjährige Partnerschaft zu DENTAGEN besteht seit vielen Jahren erfolgreich. Unser Key-Account-Manager Heinz Schiller ist hierbei ein verlässlicher Partner der DENTAGEN-Mitgliedsbetriebe. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit DENTAGEN besitzt im Hause Kulzer schon seit jeher einen sehr hohen Stellenwert.

Rolf Zucker

Die Langlebigkeit von Geschäfts­beziehungen ist Ihrem Hause in jeder Epoche immer wichtig gewesen. Ist das der Kurs auch unter neuer Flagge?

Zucker: Absolut. Viele unserer Kunden sind seit Jahrzehnten mit Kulzer verbunden. Ganz bewusst arbeiten wir mit Zahnarzt und Zahntechnik Hand in Hand. Bei unseren Systemlösungen verbinden wir Materialien, innovative Technologien und Service von Beginn an miteinander. Der nächste große Schritt, der nun auf die Zahn­technik zukommt ist das Thema Totalpro­thetik und die Integration von Intraoralscan-Daten in die Laborsoftware. Diese digitalen Schritte sind sehr schulungs- und trainingsintensiv.

Stahl: Service-Dienstleistungen gehen über Technologie und Produkte hinaus. Unsere deutschsprachige Hotline, die hier von Hanau aus unseren Kunden persönlich weiterhilft, sowie die beratenden Fachkräfte und unsere engagierten Außendienstmit­arbeiter begleiten unsere Kunden im Berufs­alltag. Ein Dutzend Mitarbeiter unterstützen zudem jeden Tag die Kunden allein auf CAD-Basis. Das umfassende Serviceangebot von Kulzer dürfte in der Zahntechnik in Deutschland einmalig sein.
Spezialist oder Generalist, wem gehört die Zukunft?

Zucker: Die Digitalisierung beschleunigt auch die Spezialisierung. Ent­scheidend dabei ist die Positionierung der Betriebe. Den Zahnarztpraxen, in welchen aktuell ein Behandler das komplette fachliche Behandlungsspektrum abdeckt, stehen in Zukunft mehr MVZ gegenüber. Dort wird mit mehreren Kollegen ein umfangreicheres und spezialisiertes Behandlungsportfolio angeboten. Dabei spielen Patientenkomfort, Zahngesundheit und wirtschaftlicher Erfolg eine große Rolle. Diesen sich verändernden Strukturen müssen sich auch die zahntechnischen Betriebe stellen.

Kann die Zahntechnik da folgen?

Stahl: Auch hier kann die Marktver­änderung eine digitale Spezialisierung fördern. Nicht nur die Materialien verändern sich, sondern auch die Arbeitsprozesse. Intelligent angewandt spart die Digitalisie­rung Kosten. Auch Betriebe mit geringerer Mitarbeiterzahl werden so in die Lage ver­setzt, profitabler arbeiten zu können. Die Produktivität kann höher sein, obgleich teure Technologie und hohe Mitarbeiterkom­petenz als Basis für den Erfolg verpflichtend sind.

Die Digitalisierung spart Kosten?

Zucker: Zunächst nicht. Investitionen in Technologie, Training und Ausbil­dung der Mitarbeiter sowie die entsprechenden Vorlaufzeiten bedeuten Kosten. Wer richtig kalkuliert wird bei Betrachtung aller fixen und variablen Kosten eine höhere Profitabilität erzielen können – nicht sofort, aber nach und nach. Das ist systemabhängig. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen dabei auch weiche Faktoren wie bestmög­liche Patientenzufriedenheit, optimale Behandlungserfolge und Marketing.

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf personalpolitische Entschei­dungen aus?

Stahl: Digitale Innovationen können hochqualifizierte, gut ausgebildete Fachkräfte quantitativ nicht ersetzen. Im Gegenteil – diese Mitarbeiter werden in Zukunft noch stärker zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitragen können. Dabei wird sich allerdings das Aufgabenfeld des klassischen Zahntechnikers deutlich verändern.

Thomas Stahl

Wichtiges Thema! Das wäre ein Sonder­heft der DENTAGEN INFO wert, nicht wahr? Aber gestatten Sie mir einen kleinen Schwenk. Sie beide bekleiden Manager­funktionen. Wie würden Sie denn Ihren Führungsstil beschreiben?

Zucker: Authentisch. Bodenständig. Innovativ. Verlässlich.

Hört sich ja an wie bei Herrn Grupp in Burladingen. Sie haben gut zugehört?

Zucker: Wir hatten das Vergnügen mit DENTAGEN in Burladingen zu sein. Mag manches umstritten sein, was Wolfgang Grupp so formuliert, aber der Erfolg scheint ihm recht zu geben, oder?

Absolut. Sie kommen beide aus dem Südwesten. Sie sind also Pendler?

Stahl: Pendeln muss ich glücklicherweise nicht mehr. Wenn ich dann aber mal heim nach Dauchingen im Schwarzwald komme, was leider nicht zu häufig der Fall ist, tut es gut, wenn die Menschen im Vereins­heim sagen, „schön, Dich wieder mal zu sehen, lass uns eine Runde Skat spielen“!

Vereinsheim klingt nach Fußball, oder?

Stahl: Richtig. Mit 17 war ich in der südbadischen Auswahl, wollte beim SC Freiburg anklopfen, hat aber nicht geklappt. Nach einer Verletzung musste ich meine Leidenschaft aufgeben.

Herr Zucker, begeistern Sie sich für Fußball?

Zucker: Sicher. Was mich am Fußball so fasziniert, ist der Teamspirit. Und genau das ist es auch, was jedes erfolgreiche Unternehmen braucht, um „am Ball“ zu bleiben und voranzukommen.

Herr Zucker, Herr Stahl – vielen Dank für das Gespräch und die Gastfreundschaft.

ZUR PERSON

ROLF ZUCKER: Vertriebsleiter Prothetik
35 Jahre Dentalerfahrung

Seit nunmehr 17 Jahren ist Rolf Zucker bereits in verschiedenen Führungspositionen für Kulzer im Einsatz. Davor war er für das Unternehmen Degudent (vormals Degussa) tätig – davon 7 Jahre in leitender Funktion.

Im Jahr 2013 übernahm Rolf Zucker im Hause Kulzer die Position des Vertriebs­leiters Digital Services Deutschland und verantwortet seit dem 1. Januar 2016 als Vertriebsleiter Prothetik den Bereich der digitalen und analogen Prothetik. Insge­samt verfügt der Branchenkenner bereits über 35 Jahre Dentalexpertise

THOMAS STAHL: Leiter Marketing Deutschland
20 Jahre Dentalerfahrung

Seit Januar 2018 verstärkt Thomas Stahl das Deutschland-Team von Kulzer. Auch er blickt bereits auf 20 Jahre internationale Erfahrung in Dentalunternehmen zurück. So hat er die Vertriebsregion Lateinamerika für einen großen Hersteller erschlossen und zuletzt bei Nobel Biocare das Marketing und Produktmanagement D-A-CH verantwortet. Der thematische Fokus des Managers liegt auf Marketing und Verkauf sowie der Begleitung von Veränderungsprozessen.


Quelle: DENTAGEN INFO 2018/04