Für Ärzte sind Diagnosen oft nicht so einfach, wie sie in manchen Arztserien erscheinen. Außer den medizinischen Symptomen müssen auch andere Faktoren wie die Lebensweise und die körperlichen Grundvoraussetzungen der Patienten berücksichtigt werden. An Bedeutung zunehmende Technologien legen die Frage nahe: Kann künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin sowie in der Arzt-Patienten-Kommunikation bei Diagnosen helfen oder diese sogar eigenständig stellen? Welche Erwartungen haben Patienten an KI? Diese Thematik hat Luisa de Alzaga Achter, Studentin des Studiengangs International Management (https://ism.de/studium-vollzeit/bachelor/international-management-studium/ueberblick) an der International School of Management (ISM) in München, in ihrer Abschlussarbeit näher untersucht.
Was erwarten Patienten von KI-basierte Chatbots im deutschen Gesundheitswesen? Einiges – zeigen die Ergebnisse der Untersuchung von Luisa de Alzaga Achter unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Mühlbäck sowie Daniel Khafif, beide Dozenten am ISM Campus in München. Sie befragte acht Experten unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen zu ihren Erwartungen, Motivationen und Hemmnissen bei der Nutzung von Chatbots. Die Befragten kamen aus verschiedenen Bereichen: Entwickler von Chatbots, Vertreter des Gesundheitswesens sowie Patienten, also Nutzer dieser Chatbots.
Unterstützt und vereinfacht KI die tägliche Arbeit?
Nutzer erhoffensich Orientierung und Unterstützung durch die Chatbots. Sie wünschen sich, von der Technologie sicher durch das komplexe Gesundheitswesen geführt zu werden, um das eigene Handeln zu bestätigen. Eine große Rolle spielt dabei die Gebrauchstauglichkeit des Bots. Funktionalität, Qualität der Antworten, maschinelle Intelligenz und Benutzerfreundlichkeit stellen dabei zentrale Anforderungen dar. Patienten haben die Erwartung, dass die künstliche Intelligenz mitlernt und sich die bereits eingegebenen Daten merkt.
Wie steht es mit der Datensicherheit?
Schnell kommt die Frage nach dem Thema Datenschutz auf. Gerade bei sensiblen Informationen, wie der eigenen Krankheitsgeschichte, legen die Befragten großen Wert auf einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Daten durch die KI. Die Zertifizierung der Chatbots mit der Garantie einer sicheren Verwahrung und einfacher Nachverfolgung der eigenen Daten wird gewünscht. In der Wahrnehmung der Patienten kann Datenschutz am besten erreicht werden, wenn es sich um ein deutsches Unternehmen handelt, das den Chatbot betreibt, sodass die Daten auch nach deutschem Recht verwaltet werden.
Wie menschlich kann eine KI sein?
Kritik wird an bestimmten Eigenschaften der KI geübt, bei denen Menschen künstlicher Intelligenz nach wie vor weit voraus sind: Sprache und Empathie. So verfügen Chatbots bislang nicht über vollständige Sprachfähigkeiten auf menschlichem Niveau, was zu Missverständnissen und Unzufriedenheit bei den Nutzern führt. Auch beim nötigen Einfühlungsvermögen im Dialog mit den Patienten kann die künstliche Intelligenz nicht an den Arzt heranreichen. Auch bei Ärzten bestehen Vorbehalte gegenüber KI-basierten Chatbots, weil sie sich gern einen persönlichen Gesamteindruck vom Patienten machen, um eine fundierte Diagnose zu erstellen.
Wie kann der KI-Einsatz in der Medizin künftig aussehen?
Aktuell hat KI nur begrenzte Einsatzmöglichkeiten in der medizinischen Diagnostik und ersetzt den Besuch beim Arzt nicht. Dozent Daniel Khafif resümiert: „Es bleibt festzuhalten, dass diagnostische KI-Systeme immer nur als Assistenztools verstanden werden dürfen. Die letztinstanzliche Entscheidungshoheit zur Verordnung und Vergabe medizinischer Mittel muss beim Menschen, also bei Ärzten oder Pflegekräften, verbleiben.“
KI könnte das medizinische Fachpersonal allerdings sinnvoll ergänzen, wie Luisa de Alzaga Achter herausgearbeitet hat. Vor allem organisatorische Aufgaben rund um Terminfindung und -buchung sowie in der Prävention und Nachsorge können Chatbots wertvolle Dienste leisten. Sie können außerdem größere Mengen an Daten und Diagnosen sammeln als ein einzelner Arzt und so auch umfangreichere Analysen und Erfahrungsberichte über Krankheiten erstellen. Das ist wiederum im Sinne der Krankenkassen, da auf diese Art kostenoptimierte und effizientere Therapiemöglichkeiten angeboten werden können. „Diese Technologien entlasten das medizinische Personal signifikant, indem zeitraubende Kommunikationsaufgaben von der KI übernommen werden“, betont Khafif. „In Zeiten von Personalmangel und Kostendruck können die eingesparten Ressourcen effizienter in Klinik und Praxis investiert werden, was sowohl dem medizinischen Personal als auch den Patienten zugutekommt.“
„Dennoch gilt es noch einige Hemmnisse zu überwinden“, ergänzt Luisa de Alzaga Achter. „Eine hohe Anwendungsfreundlichkeit, verlässliche Funktionalität sowie Sicherheit der Datenspeicherung und -verarbeitung verbunden mit patientengerechter Sprache und Elementen menschlicher Empathie könnten das Vertrauen der Patienten in KI-basierte Chatbots stärken.“
Die erweiterte Publikation steht hier zum Download bereit: https://ism.de/images/downloads/research-journal-2023.pdf
Quelle: dpa