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Umweltbelastung an den Milchzähnen „ablesen“

Allgemein

Oft zählt nur der Moment, wenn ein Milchzahn locker wird und mit einem vorsichtigen Ruck verschwindet. Dann landet er meist in einem Glas oder unter dem Kopfkissen. Dieser Milchzahn hat jedoch etwas gespeichert, das weit über die Kindheit hinausgeht. Welche Spuren zum Beispiel Schwermetalle in Milchzähnen hinterlassen, hat nun eine Gruppe von Forschern untersucht.

Sie analysierten im Rahmen einer Übersichtsarbeit zwanzig Studien, in denen die Schwermetallbelastung gemessen wurde. Wie stark Kinder während der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren mit giftigen Metallen in Kontakt kommen und ob sich diese Belastung im Zahngewebe ablesen lässt, stand im Zentrum der Analyse. Schon vor der Geburt und in den ersten Lebensjahren lagern Milchzähne Substanzen ein, die aus dem Körper der Mutter oder aus der unmittelbaren Umwelt stammen. Was aufgenommen wird, verbleibt dauerhaft im Zahn. Hierbei entsteht eine Art biologisches Protokoll, das mit Jahresringen im Holz vergleichbar ist. Die Studienergebnisse zeigen klare Zusammenhänge – Kinder, die in der Nähe von Industrieanlagen, Minen oder in Konfliktregionen leben, weisen eine höhere Konzentrationen von Schwermetallen in ihren Zähnen auf, vor allem Blei. Es wurden auch familiäre Umstände untersucht, wobei in zwei von fünf Studien ein Zusammenhang zwischen dem Rauchen eines Elternteils und erhöhtem Bleigehalt festgestellt wurde. Ein eindeutiger Zusammenhang mit Passivrauchen konnte nicht nachgewiesen werden. Die Studien untersuchten weiterhin, ob gesundheitliche Auffälligkeiten mit den gemessenen Metallwerten in Verbindung gebracht werden können. 

Obwohl ein direkter Zusammenhang zwischen erhöhter Belastung mit Blei oder Quecksilber und Autismus nicht festgestellt werden konnte, war es auffällig, dass niedrigere Manganwerte häufiger bei Kindern mit sprachlichen Auffälligkeiten, schwächerem Gedächtnis und autistischen Verhaltensmerkmalen vorkamen. Um chronische Belastungen in der frühen Kindheit sichtbar zu machen, liefern Milchzähne daher eine stabile und aussagekräftige Basis. Es ist nur ein Moment, in dem ein Zahn ausfällt, aber es bleibt ein kleines Stück Kindheit und ein biologisches Archiv der Umwelt, in der sie stattgefunden hat.

Quelle: ResearchGate