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Schöne Zähne zum geringen Preis – das wird meistens teuer
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TikTok, Instagram, YouTube oder der Blick ins neuste Beauty-Magazin – überall sind Menschen mit einem strahlend schönen Lächeln abgebildet. Das spricht vor allem junge Altersgruppen an. Inzwischen haben sich aus dem Wunsch nach dem „Hollywood-Lächeln“ leider nicht nur Gesundheitstrends entwickelt, um die eigenen Zähne durch regelmäßige Pflege und gesunde Ernährung weiß zu halten. Günstige Veneers, Kronen, Schleifen, Färben, Bleaching etc. versprechen Aufmerksamkeit und Anerkennung. Oftmals richten diese sog. „Billig-Trends“ aber großen Schaden im Gebiss an. Im folgenden Interview gibt Dr. Martin Jörgens, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kosmetische Zahnmedizin e.V. (DGKZ), einen Überblick zu den Risiken und erklärt, warum nur professionelle Zahnärzte ästhetische Verbesserungen vornehmen dürfen.
Herr Dr. Jörgens, Social Media sorgt nach wie vor für immer neue Schönheitstrends, auch für die Zähne. Das beeinflusst natürlich die Wünsche der Patienten. Welche Erfahrung machen Sie diesbezüglich in Ihrem Praxisalltag?
Es kommen zunehmend Patienten mit dem Wunsch nach Verbesserung der Gesamtästhetik in die Praxis. Wir haben ein internationales und höchst anspruchsvolles Klientel. Dennoch kommt natürlich auch mal ein Patient mit der Wunschvorstellung, das Beste für den geringsten Preis zu bekommen. Das geht faktisch natürlich nicht, und für die Gesamtbetrachtung passt am besten das Gesetz der Wirtschaft des englischen Sozialphilosophen John Ruskin: „Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“
Und dies hat für den Bereich der Medizin und Zahnmedizin noch ein viel höheres Gewicht, denn wenn hier Schäden entstehen, ist man schnell bei Haftungssummen im fünf- oder sechsstelligen Bereich dabei. Das bedeutet, dass aus einer scheinbar preiswerten, aber schlecht durchgeführten KFO- oder Veneerbehandlung Folgeschäden entstehen, die ein Mehrfaches an Beseitigungskosten bergen.
Der Wunsch nach dem „Hollywood-Lächeln“ führt leider auch dazu, dass inzwischen immer mehr Methoden angeboten werden, wie das eigene Lächeln schnell und preiswert verbessert werden kann. Wann hat sich aus Ihrer Sicht diese Tendenz entwickelt?
Schnell und billig mag woanders funktionieren, aber eben nicht im Bereich der Medizin. Nehmen Sie billige Brustimplantate, die zu fürchterlichen Ergebnissen mit multiplen Nachoperationen bis hin zu Amputationen geführt haben. Ebenso ist hier die Verwendung schnell entwickelter billiger Zahnimplantate zu nennen oder auch die fürchterlichen Schäden, die durch Fehlanwendungen von Hyaluronsäure im Stirnbereich bis zur Erblindung führen können. Gute Qualität kommt nur durch gehobene Fachkenntnis und tägliche Anwendung, und dies hat seinen Preis, der aber auch medizinische Sicherheit garantiert.
„Home-Bleaching“ ist nicht neu und wird auch von einigen Firmen angeboten. Worauf sollte bei dieser Methode geachtet werden, um die Zähne bei der Aufhellung nicht zu beschädigen?
Home-Bleaching kann eine Methode zur Aufhellung sein. Vor Durchführung müssen mögliche undichte Füllungen oder unentdeckte kariöse Stellen beseitigt sein. Empfindliche freiliegende Zahnhälse müssen geschützt werden. Vorab muss ein parodontal gesundes Gebiss vorliegen, und auch frische Ablagerungen von Zahnstein müssen vorab in einer separaten Dentalhygienesitzung beseitigt sein. Generell empfehlen wir allerdings das In-Office-Bleaching, da hier gezielt und kontrolliert auch einzelne Zähne oder Zahngruppen stärker oder weniger stark gebleacht werden können. Auch hier gilt, die Erfahrung führt zu besserer Qualität und besseren Ergebnissen.
Aktuell werden vor allem Veneers und Kronen sehr günstig angeboten. Viele Kollegen warnen bereits vor diesen sogenannten „Billig-Trends“. Welche Risiken bestehen hier vor allem für den Patienten und worauf muss der Zahnarzt unbedingt hinweisen?
Ich würde grundsätzlich, wenn es nur um den Preis geht, dem Patienten eher raten, eine Zeit für die Versorgung zu sparen und die Behandlung sauber sowie korrekt mit der richtigen Anzahl von Veneers durchzuführen. Hier muss man einfach kompromisslos sein, denn besser mit hochwertiger Zahntechnik als mit irgendwas Durchschnittlichem arbeiten, wo sich hinterher Behandler, Zahntechniker und Patient nur ärgern. Es gibt weitere Möglichkeiten, dass der Patient schon lange vor Entstehen einer medizinischen Indikation eine passende Zusatzversicherung abschließt, die im Bedarfsfall auch leistet. Weiterhin können zahnmedizinische Behandlungskosten, die auf medizinischer Indikation erbracht werden, als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung deklariert werden. Factoringunternehmen, welche die Rechnungsstellung überwachen, bieten zusätzliche Möglichkeiten von zum Teil zinsfreien Ratenzahlungen an. Diese Tools sollte man in der täglichen Praxis nutzen.
Junge und jüngere Patienten sind für die Schönheitstrends der Social-Media-Kanäle besonders anfällig. Wie beraten Sie diese Patientengruppe?
Die Schönheitstrends der Social-Media-Kanäle führen zunächst zu mehr Interesse an schönen Zähnen. Das ist grundsätzlich gut. Schlussendlich führt dann nur die seriöse Aufklärung zu hochwertigen und sicheren Behandlungen im Eigeninteresse des Patienten. Auch hier gilt die Aussage von John Ruskin, dass sich immer einer finden wird, der eine Leistung billiger anbietet, die aber definitiv mehr Schaden als Nutzen bringt. Es geht also nur über seriöse Beratung.
Haben Sie in Ihrem Praxisalltag schon Patienten mit Folgen unseriöser Eingriffe behandelt und wie kann der Zahnarzt vorgehen, um die entstandenen Schäden zu beheben?
Leider suchen uns sehr viele Patienten auf und beschweren sich über entstandene Ergebnisse. Und die alles entscheidende Frage ist dann immer: Was haben Sie dafür bezahlt? Denn auch hier gilt frei nach Murphy: „Für wenig gibt’s wenig und für nix gibt’s nix.“ Generell muss unterschieden werden, ob irgendwelche Gewährleistungsansprüche zu beachten sind, die seitens der vorbehandelnden Praxis zu leisten sind. Generell erfolgt eine Sanierung mit normaler Rechnungsstellung auf GOZ-Basis.
Warum ist eine Behandlung mit Veneers nur durch einen geschulten Zahnarzt zulässig und was macht eine gelungene und erfolgreiche Behandlung aus?
Es gibt in der Umsetzung zum Wunschergebnis einfach zu viele Punkte, bei denen eine solch hochwertige Behandlung schiefgehen kann. Erstens müssen alle funktionellen Aspekte sauber eruiert und ggf. vor- und mittherapiert werden. Es gilt die Richtlinie „Keine Ästhetik ohne Funktion“. Zweitens muss analysiert werden, ob eine KFO-Behandlung vorab indiziert ist. Drittens muss die Planung mit dem spezialisierten Zahntechniker so ablaufen, dass vorab Wax-up und Mock-up erstellt werden, die beide mit dem Patienten besprochen werden. Viertens wird damit die Wunschvorstellung des Patienten definiert, die schlussendlich auch als Behandlungsziel dabei rauskommen soll. Fünftens muss in der Kommunikation mit dem spezialisierten Zahntechniker alles sauber ausgetauscht werden, wie etwa mit Fotos, Videos, Farbauswahlen, Stumpffarben, Zahnfleischverlauf, Auswahl des Keramiktyps, Lippenverlauf, Sprachgewohnheiten etc. Gelungen ist die Behandlung dann, wenn der Patient komplett zufrieden ist und das erhält, was er sich vorgestellt und beauftragt hat. Zu beachten sind an der Stelle aber Patienten, die eine dysmorphophobe Prägung haben und wegen fehlender Gesamteinschätzung nicht zufrieden zu stellen wären. Dies gilt es, vor Behandlungsbeginn herauszufiltern, und entsprechend eine solch hochwertige Behandlung nur bei Patienten durchzuführen, die bei ihren Vorstellungen nicht dauernden eigenen Schwankungen unterliegen.
Herr Dr. Jörgens, vielen Dank für das Gespräch.
Herkunft: DGKZ